Alte Viren – neu in Bayern: West-Nil-Virus und Usutu-Virus
Hintergrund
Im Jahr 2018 wurden in Bayern erstmalig Infektionen mit dem West-Nil-Virus (WNV) – nämlich bei einem Menschen, bei Vögeln und Pferden – sowie Infektionen mit dem Usutu-Virus (USUV) bei Vögeln nachgewiesen. Beide Viren, WNV und USUV, sind ursprünglich aus Afrika bekannt, werden aber schon seit einiger Zeit in Europa nachgewiesen. WNV und USUV sind eng miteinander verwandt und in das Genus Flavivirus der Familie Flaviviridae einzuordnen. Beide Viren vermehren sich in blutsaugenden Mücken und werden über diese weiterverbreitet. Sie werden daher als Arbo-Viren (Arthropode-borne-Viren) bezeichnet. Entsprechende Stechmückenspezies, die zur Vermehrung und Übertragung der Viren beitragen, sind in Deutschland heimisch und kommen häufig vor. Haupt- und Reservoirwirt für beide Infektionen sind Vögel verschiedener Spezies. In den Vögeln wiederum findet eine so effektive Virusvermehrung statt, dass sich bisher noch nicht infizierte Mücken durch einen Stich und somit einer Blutmahlzeit mit WN- oder Usutu-Viren infizieren können. Andere Tierarten und auch der Mensch können im Falle einer WNV-Infektion in seltenen Fällen zwar schwer erkranken, werden aber als End- oder Fehlwirt eingeordnet und spielen als Infektionsquelle keine epidemiologische Rolle.
West-Nil-Virus in Bayern
Innerhalb Europas wurden Infektionen mit WNV bereits Anfang der 1960er-Jahre in Frankreich festgestellt. Seitdem wurden vor allem in süd- und südosteuropäischen Ländern Infektionen bei Mensch, Pferd und Vogel beobachtet. Ende August 2018 stellte das Friedrich-Loeffler-Institut den ersten deutschen Fall einer WNV-Infektion bei einem Bartkauz aus Halle fest. Im September 2018 folgten die ersten Nachweise aus Bayern, wieder waren Bartkäuze aus einem Wildpark betroffen. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) etablierte aufgrund dieser Befunde sofort die molekularbiologische Methodik. Die Analyse der Proben von 33 weiteren Tieren aus dem betroffenen Wildpark ergab keinen Hinweis auf eine lokale Verbreitung der WNV-Infektionen. Zusätzlich untersuchte das LGL Proben von 54 weiteren Tieren aus ganz Bayern, vorrangig von verendeten Wildvögeln, um erste Informationen über die Verbreitung in Bayern zu erhalten. In keinem der Fälle stellte das LGL eine WNV-Infektion fest. Bei Pferden und Vögeln sind Infektionen mit dem WNV anzeigepflichtig nach dem Tiergesundheitsgesetz bzw. der Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen.
2018 wurden in Deutschland insgesamt zwölf Fälle angezeigt und im Tierseuchennachrichtensystem (TSN) erfasst. Auch Menschen können durch eine Infektion mit dem WNV erkranken, in einzelnen Fällen auch schwerwiegend. Der Nachweis einer WNV-Infektion beim Menschen ist nach Infektionsschutzgesetz meldepflichtig. Im Oktober 2018 wurde dem LGL die Erkrankung eines Tierarztes an West-Nil-Fieber gemeldet. Es handelte sich um die erste bekannte Übertragung des West-Nil-Virus auf einen Menschen innerhalb Deutschlands. Die Ermittlungen der Infektionsepidemiologie am LGL ergaben, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit die Übertragung des Virus nicht durch eine Stechmücke – wie in der Regel üblich – erfolgte, sondern durch direkten Kontakt mit erregerhaltigen Körperflüssigkeiten im Rahmen der beruflichen Tätigkeit des Tierarztes. West-Nil-Fieber trat bisher in Europa beim Menschen nur im Rahmen saisonaler Ausbrüche in mehreren südeuropäischen Ländern, einigen Ländern Zentraleuropas sowie den Schwarzmeeranrainerstaaten auf. Das LGL untersucht weiterhin kontinuierlich Proben, vor allem von potenziellen Reservoir-Wirten, auf WNV.
>Abb.: Geografische Verteilung der im Tierseuchennachrichtensystem angezeigten WNV-Infektionen bei Vogel und Pferd im Jahr 2018
Usutu-Virus in Bayern
Wildvögel sind für das USUV ähnlich wie für das WNV Reservoir- und Hauptwirte, zeigen aber in der Regel keine klinischen Symptome. Einige sehr empfängliche Vogelspezies wie zum Beispiel Amseln und Eulen erkranken dagegen schwer, häufig mit Todesfolge. Sie werden beispielsweise apathisch, taumeln oder zeigen andere neurologische Ausfallserscheinungen. Werden viele tote Amseln in kurzer Zeit aufgefunden, können USUV-Infektionen eine Ursache für das Vogelsterben sein. Im Gegensatz zu Infektionen mit dem WNV sind Übertragungen des USUV auf den Menschen bisher nur sehr selten dokumentiert und lediglich im Zusammenhang mit einer besonderen Anfälligkeit, wie zum Beispiel bei immungeschwächten Personen, beobachtet worden. 2018 wurde wieder in einigen Regionen Deutschlands ein vermehrtes Amselsterben beobachtet, das auf Infektionen mit dem USUV zurückzuführen war. Auch andere Vogelspezies waren erheblich betroffen. Diese Epidemie betraf im August und September 2018 erstmals auch Bayern, vor allem die Region um Nürnberg. Zu dieser Zeit wurden fast 40 Fälle diagnostiziert. Im Oktober, November und Dezember 2018 untersuchte das LGL noch gut 60 zusätzliche Vögel, wies aber keine weiteren Infektionen mehr nach. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich das USUV nun auch in der Wildvogelpopulation Bayerns etabliert hat. USUV-Infektionen sind tierseuchenrechtlich nicht melde- oder anzeigepflichtig. Die geschilderten Ergebnisse sind daher nicht repräsentativ.
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