Brucellose-Monitoring bei Wildschweinen in Bayern
Abstract
In den Jahren 2019 bis 2021 erfolgte am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ein Monitoring zum Vorkommen des Brucellose-Erregers in den bayerischen Wildschweinpopulationen. Insgesamt wurden 11.956 Serumproben und 681 Organproben dieser Tiere untersucht. Die Brucellose konnte bei acht Tieren (1 %) direkt festgestellt werden, von denen sieben Tiere bereits als nicht gesund bewertet oder tot aufgefunden worden waren. In fünf dieser Fälle wurde ein Kulturisolat gewonnen und Brucella suis Biovar 2 identifiziert. Serologisch wies das LGL in 18 % der Serumproben Antikörper gegen Brucella suis nach. Dieser Wert liegt im Mittel, verglichen mit veröffentlichten Daten aus Deutschland und anderen europäischen Ländern. Der Brucellose-Erreger ist demnach in Bayern in der Wildschweinpopulation endemisch, die Krankheit selbst tritt jedoch nur selten auf. Das Wildschwein ist, neben dem Feldhasen, ein Reservoir für Brucella suis in Deutschland.
Hintergrund
Nahezu alle Arten der Gattung Brucella sind in Deutschland aufgrund ihrer hohen Pathogenität in die Risikogruppe 3 eingruppiert. Die Einteilung in Risikogruppen erfolgt aufgrund der Gefährlichkeit von Biostoffen für den Menschen. Risikogruppe 3 bedeutet die Gefahr einer schweren Erkrankung. Das Erkrankungsbild beim Menschen ähnelt dem beim Wildschwein; die Spezies Brucella melitensis und B. abortus können beim Menschen lebensbedrohliche Erkrankungen hervorrufen. Der Nachweis von Brucella beim Menschen ist gemäß Infektionsschutzgesetz in Deutschland meldepflichtig. Eine Infektion kann bei Tieren akut bis chronisch verlaufen. Klinische Manifestationen umfassen lokale, eitrig-nekrotisierende Entzündungen, Infektionen des Geschlechtsapparates, Unfruchtbarkeit und schließlich Leistungsrückgang sowie Kümmern [1]. Dabei sind die Arten B. abortus, B. melitensis, B. suis, B. ovis oder B. canis zwar an einzelne Tierarten besonders gut adaptiert, ein Zoonosepotenzial kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war die Brucellose bei Menschen und Haustieren in Deutschland häufig und endemisch. Durch strenge Bekämpfungsmaßnahmen, aber auch aufgrund hygienischerer Haltungsbedingungen und routinemäßig eingesetzter Diagnostikverfahren, erlangte Deutschland den Status „frei von Brucellose der Rinder“. Auch bei anderen Nutztierarten und dem Menschen kommen Brucellen hierzulande inzwischen praktisch nicht mehr vor. Daten zum Vorkommen des Erregers in der bayerischen Wildtierpopulation sind nicht abrufbar. Auf Basis der Untersuchungsergebnisse dieser Studie sollen die Risiken für den Eintrag von Brucellen in die bayerischen Nutztierbestände sowie das zoonotische Risiko beispielsweise bei der Jagdausübung abgeschätzt und geeignet kommuniziert werden.
Ergebnisse
Proben und Datensatz
In den Jahren 2019 bis 2021 untersuchte das LGL im Rahmen des Brucellose-Monitorings insgesamt 12.637 Proben von Wildschweinen in Bayern. Diese verteilten sich auf 4.296 Proben im Jahr 2019 (34 %), 4.059 im Jahr 2020 (32 %) und 4.282 im Jahr 2021 (34 %). Der weitaus größte Anteil der untersuchten Proben (95 %) bestand aus Serumproben (n=11.956), die mehrheitlich aus Blutproben stammten, die im Rahmen des Wildschwein-Monitorings für Schweinepest eingesendet wurden. In 681 Fällen (5 %) wurde Organmaterial, hier Uterus-, Hodengewebe und Lymphknoten, direkt oder nach Sektion in der Pathologie mittels molekularbiologischen und kulturellen Verfahren untersucht (Tabelle) [4].
Erregerdirektnachweis
Im gesamten Untersuchungszeitraum wurden 681 Proben kulturell und molekularbiologisch auf Brucellen untersucht. Insgesamt waren 8 Proben in der Polymerase Chain Reaction (PCR) positiv; aus 5 dieser Proben konnten die Bakterien angezüchtet werden (Kulturisolate) (Tabelle). Wie vom Nationalen Referenzlabor für Brucellose, Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) Jena, bestätigt, handelte es sich bei diesen ausschließlich um Brucella suis Biovar 2 [4].
Pathologische Befunde
Bei den positiv auf Brucellose getesteten Tieren, bei denen Hodengewebe eingesandt worden war und eine pathologische Untersuchung erfolgte, wurde eine einseitige Hodenvergrößerung festgestellt (Abbildung). Nach Eröffnung der Hodenhüllen floss eine große Menge eitriger Wundflüssigkeit (Exsudat) ab; Hoden und Nebenhoden waren vergrößert und zeigten ein partielles bis komplettes Absterben des Gewebes (Nekrose) mit eitriger und knötchenartige (granulomatöser) Entzündung. Ein weiteres Tier wies eine eitrig-abszedierende Entzündung der Hals- und Leisten- (Inguinal)lymphknoten auf [4].
Serologie
Im gesamten Untersuchungszeitraum wurden 11.956 Serumproben untersucht, von denen 2.141 im Test reagierten (18 %) (Tabelle). Die Einsendefrequenz der Serumproben unterschied sich für die verschiedenen Regierungsbezirke in Bayern. Dabei wurden mit 3.395 Proben die meisten Serumproben in Oberbayern gesammelt; 12 % dieser Proben reagierten positiv. Weiterhin stammten 2.159 Proben aus Oberfranken mit 16 % reaktiven, 1.968 aus der Oberpfalz mit 19 % reaktiven, 1.576 aus Niederbayern mit 27 % reaktiven, 1.458 aus Unterfranken mit 14 % reaktiven, 824 aus Schwaben mit 25 % reaktiven und schließlich 576 aus Mittelfranken mit 31 % reaktiven Proben [4].
Zeitraum | 2019 | 2020 | 2021 | gesamt |
---|---|---|---|---|
Gesamtzahl der untersuchten Proben | 4.296 | 4.059 | 4.282 | 12.637 |
Untersuchte Serumproben | 3.980 | 3.899 | 4.077 | 11.956 |
Serologisch reaktive Proben | 716 | 708 | 717 | 2.141 |
Anteil reaktiver Proben in % | 18 | 18 | 18 | 18 |
Untersuchte Organproben | 316 | 160 | 205 | 681 |
PCR-Nachweis von Brucella Spezies | 2 | 3 | 3 | 8 |
Kultureller Nachweis von Brucella suis | 1 | 1 | 3 | 5 |
Abbildung: Hoden eines Brucellose-kranken Wildschweines. a) Der rechte Hoden ist auffällig vergrößert, der linke normal. b) Nach Eröffnung der Hüllen des vergrößerten Hodens fließen große Mengen eines eitrigen Exsudates ab, Hoden und Nebenhoden sind etwas vergrößert und zeigen eine komplette Nekrose (trockene Konsistenz); der links dargestellte angeschnittene Hoden ist unverändert.
Fazit
Die Prävalenz des Brucellose-Erregers beim Wildschwein in Bayern liegt bei 1 % im Direktnachweis und bei 18 % in Serumproben und ist damit vergleichbar mit veröffentlichten Daten aus anderen Bundesländern und anderen europäischen Ländern. Die Einsendefrequenz und die Anzahl der Proben unterschied sich zwar für die verschiedenen Regierungsbezirke bzw. Landkreise in Bayern. Im Rahmen der vorliegenden Studie wurden jedoch statistisch signifikante Daten aus allen sieben Regierungsbezirken erhoben. Die Ergebnisse zeigen, dass der Brucellose-Erreger in Bayern zwar endemisch ist, aber nur selten vorkommt. Das Wildschwein ist dabei ein Reservoir für Brucella suis.
Literatur
- Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit: Brucellose der Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen, Amtliche Methode und Falldefinition. Stand 15.10.2021: https://www.openagrar.de/receive/openagrar_mods_00059576. Abgerufen am 03.01.2024.
- Bundesministerium der Justiz: Verordnung zum Schutz gegen die Brucellose der Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen (Brucellose-Verordnung). http://www.gesetze-im-internet.de/brucellosev/BJNR010460972.html. Abgerufen am 03.01.2024.
- >World Organization for Animal Health, OIE: Manual of Diagnostic Tests and Vaccines for Terrestrial Animals 2021. Chapter 3.1.4. Brucellosis (Infection with B. abortus, B. melitensis and B. suis).
https://www.woah.org/en/what-we-do/standards/codes-and-manuals/terrestrial-manual-online-access/. https://www.woah.org/fileadmin/Home/eng/Health_standards/tahm/3.01.04_BRUCELLOSIS.pdf. Abgerufen am 03.01.2024.
- Macías Luaces L, Boll K, Klose C, Domogalla-Urbansky J, Müller M, Eisenberger D, Riehm, JM: Seroprevalence of Brucella Infection in Wild Boars (Sus scrofa) of Bavaria, Germany, 2019 to 2021 and Associated Genome Analysis of Five B. suis Biovar 2 Isolates. Microorganisms 2023, 11, 478. https://doi.org/10.3390/microorganisms11020478