Milzbrand (Anthrax, Hadernkrankheit, woolsorter's disease)
Erreger
Abbildung 1: Bacillus anthracis (Endosporen grün, Bakterienzellen rot), Sporenfärbung nach Rakette
Der Erreger des Milzbrands ist Bacillus anthracis. Es ist ein grampositives, unbewegliches Stäbchenbakterium, das in kettenartigen Verbänden wächst. Im infizierten Organismus bildet es eine Kapsel aus, die vor Phagozytose und humoraler Immunantwort des Wirtes schützt.
Bacillus anthracis wächst in einem Temperaturbereich von 12 - 45°C auf allen gebräuchlichen Nährböden mit mittelgroßen, grauen, trockenen Kolonien mit lockenartigen Ausläufern (Medusenhaupt).
Bacillus anthracis verfügt über die Fähigkeit zur Bildung von Dauerformen, sogenannten Endosporen. Diese Endosporen weisen eine hohe Resistenz gegenüber adversen Umwelteinflüssen (Trockenheit, Hitze, Kälte, Sonneneinstrahlung oder Desinfektionsmittel) auf und ermöglichen dem Erreger ein jahrzehntelanges Überdauern in der Umwelt.
Neben der Kapsel, die vor Angriffen des Immunsystems schützt, bildet Bacillus anthracis ein potentes Toxin, das im Gewebe durch Ödembildung, Blutungen und starker Entzündungsreaktion zum Gewebstod führt.
Vorkommen und Übertragungswege
Die Erkrankung entsteht durch Aufnahme der Endosporen. Dies geschieht natürlicherweise beim Grasen auf sporenbelasteten Weideflächen. Die Böden der Weiden sind meist Jahre oder Jahrzehnte vorher durch Ausscheidungen milzbrandkranker Tiere oder durch gefallene bzw. dort vergrabene Kadaver kontaminiert worden. Auch über die Einschleppung durch Importfuttermittel (z. B. Knochenmehl) ist berichtet worden. Eine Übertragung von Tier zu Tier findet im Regelfall nicht statt.
Während durch eine konsequente veterinärpolizeiliche Bekämpfung und durch die Entsorgung von Tierkadavern in Tierkörperbeseitigungsanlagen die Krankheit in Europa praktisch nicht mehr vorkommt, ist die Krankheit in im Nahen und Mittleren Osten durchaus noch endemisch.
Krankheitsbild
Abbildung 2: Dunkel-schwarzrot gefärbte, geschwollene Milz eines milzbrandkranken Rindes
Die höchste Empfänglichkeit für Milzbrand besitzen Wiederkäuer, Pferde, Kamele und Elefanten. Fleischfresser und Schweine sind wie auch der Mensch deutlich weniger empfänglich. Vögel mit Ausnahme von Straußen und bisweilen Enten und Greifvögel erkranken normalerweise nicht an Milzbrand.
Beim Wiederkäuer kommt es meist zu akuten septikämischen Verlaufsformen. Perakute Verläufe kommen vor. Das Allgemeinbefinden der Tiere ist hochgradig gestört. Sie zeigen Fieber bis zu 42°C und bluten mit schwarzrotem, gerinnungsgestörtem Blut aus allen Körperöffnungen. Der Tod tritt rasch ein. Bei der Sektion zeigen sich Ödeme der Unterhaut und Blutungen in die Gewebe. Die Milz ist hochgradig vergrößert und dunkel-schwarzrot verfärbt.
Diagnostik
Abbildung 3: Kolonien von Bacillus anthracis auf Blutagar
Die Diagnostik erfolgt vorrangig durch den kulturellen Keimnachweis aus Blut oder Gewebe. Dies wird ergänzt durch den molekularbiologischen Nachweis der Virulenzfaktoren (Toxingen und Kapselgen) mittels PCR. Insbesondere beim vorbehandelten Tier wird empfohlen, beide Methoden simultan anzuwenden, da die Kultur vor allem nach Antibiotikagabe falsch-negative Ergebnisse erbringen kann. Die Differenzierung von Isolaten erfolgt ebenfalls durch Nachweis der Virulenzfaktoren mittels PCR. Da B. anthracis ein Keim der Risikogruppe 3 ist, darf mit ihm nur in Hochsicherheits-Laboratorien der Schutzstufe 3 gearbeitet werden.
Gesetzliche Regelungen
Milzbrand ist eine nach Tierseuchengesetz anzeigepflichtige Tierseuche. Für humane Erkrankungen besteht namentliche Meldepflicht nach Infektionsschutzgesetz (IfSG).