Botulismus
Erreger
Abb. 1: Clostridium botulinum (Färbung nach Gram) mit typischer "Tennisschlägerform"
Der Erreger des Botulismus gehört zur Gattung Clostridium. Es handelt sich bei Clostridien um strikt anaerobe, sporenbildende, grampositive Stäbchenbakterien. Krankheitsauslösende Stämme bilden ein Proteintoxin, das Botulinum-Toxin. Überwiegend handelt es sich dabei um Clostridium (C.) botulinum sensu latu, es sind aber auch wenige andere Clostridium spp. beschrieben, die zur Bildung des Botulinum-Toxins befähigt sind. Das Botulinum-Toxin existiert in sieben verschiedenen antigenetischen Typen, die mit A bis G bezeichnet werden. Botulinum-Toxine, die durch die genannten Erreger unter bestimmten Umweltbedingungen gebildet werden, zählen zu den potentesten bakteriellen Toxinen überhaupt und sind schon in kleinsten Dosen wirksam. Für den Menschen liegt die letale Dosis im Nanogrammbereich. Sie blockieren die Signalübertragung von den motorischen Nerven auf die Muskulatur und führen so zu schlaffen Lähmungen.
Vorkommen
Clostridium spp. sind vor allem Umweltkeime, die ubiquitär in der Umwelt vorkommen können. So kann C. botulinum durchaus auch in der Darmflora von gesunden Menschen bzw. Säugetieren nachgewiesen werden und oder ist in Sporenform in der Umwelt, z. B. im Erdboden oder im Schlamm von Gewässern, weltweit verbreitet. Ein Nachweis von Sporen von BoNT-produzierenden Clostridien in Umweltproben (Erdboden, Schlamm, Sand, Gewässersedimenten) zählt daher ebenso wie der Nachweis anderer Clostridium-Sporen zu den Normalbefunden, die in der mikrobiologischen Umweltanalytik auftreten können und in der wissenschaftlichen Literatur auch aus einer Vielzahl von Ländern beschrieben sind.
Krankheitsbild
Bis auf wenige, unten aufgeführte Ausnahmen handelt es sich beim Botulismus nicht um eine Infektions-, sondern um eine Intoxikationskrankheit, also eine Vergiftung.
Die häufigste beschriebene Form ist der lebensmittelbedingte Botulismus, eine klassische Lebensmittelintoxikation, bei der das Toxin zwingend mit dem Lebensmittel aufgenommen werden muss. Häufig betroffene Lebensmittel sind verdorbene Konserven, Rohschinken oder marinierte bzw. fermentierte Fischerzeugnisse. Im Darm erfolgt eine Resorption des Toxins, welches anschließend die Signalübertragung zwischen Nerv und Muskel behindert und so zu einer ausgeprägten schlaffen Lähmung der Skelettmuskulatur (besonders Augen-, Schluck- und Gliedmaßenmuskulatur) führt. Der Tod tritt schließlich durch Ersticken nach Lähmung der Atmungsmuskulatur bei völlig ungetrübtem Bewusstsein ein. Botulismus ist daher nicht ansteckend oder übertragbar und kann somit auch nicht seuchenhaft verlaufen, es können lediglich aufgrund des Verzehrs toxinhaltiger Lebensmittel eine größere Anzahl von Menschen gleichzeitig erkranken. Als zweite Botulismusform wird der sogenannte Säuglingsbotulismus beobachtet, bei dem aufgrund der noch mangelhaft ausgeprägten Darmflora alimentär aufgenommene C. botulinum-Sporen im Darm auskeimen, sich dort vermehren und Toxine bilden können. Dies kann allerdings ausschließlich dann passieren, wenn die Darmflora entweder nicht vorhanden, vorgeschädigt oder nur mangelhaft ausgeprägt ist. C. botulinum wird aufgrund des im Vergleich zu anderen Keimen langsamen Wachstums sehr schnell von Begleitflora unterdrückt und vermehrt sich nur dann, wenn kein oder nur sehr geringes Keimwachstum von konkurrierenden Bakterienspezies vorhanden ist. Als dritte Form des Botulismus gilt der Wundbotulismus. Bei diesem seltenen Erkrankungsbild vermehrt sich C. botulinum in tiefen Wunden, in denen anaerobe Verhältnisse herrschen. Die in den Wunden gebildeten Toxine werden in den Körper aufgenommen und führen dann zu den beschriebenen Krankheitssymptomen. Diese Form des Botulismus wurde auch nach dem intravenösen/ intramuskulären Konsum von kontaminierten Drogen beobachtet. Werden Drogen, die Sporen von Botulinum Neurotoxin-produzierenden Clostridien enthalten, unter die Haut oder ins Muskelgewebe gespritzt, können sich die Bakterien vermehren, wenn im Gewebe anaerobe Bedingungen vorherrschen. Die gebildeten Toxine können dann in den Körperkreislauf gelangen und lösen ca. 4-14 Tage nach Infektion die typischen Symptome aus. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass es sich bei den Erkrankungsbildern des Säuglingsbotulismus und Wundbotulismus ebenfalls nicht um Infektionserkrankungen, die seuchenhaft verlaufen können, handelt, sondern um Toxinfektionen, deren Auftreten von vielen unterschiedlichen Faktoren und nicht allein durch die Aufnahme von C. botulinum-Sporen bedingt ist.
Vorkommen in Deutschland
In Deutschland wurden seit 2010 zehn Botulismus-Fälle (durchschnittlich 1 Fall pro Jahr) nach Infektionsschutzgesetz an das LGL übermittelt.
Diagnostik
Jedes diagnostische Verfahren ist nur in Verbindung mit der klassischen, klinischen Symptomatik aussagekräftig. Im humanmedizinischen Bereich wird die Diagnostik zumeist mittels Toxinnachweis aus Körperflüssigkeiten geführt. Der direkte Toxinnachweis (Standardverfahren: Maus-Bioassay) ist Speziallaboratorien vorbehalten.
Gesetzliche Bestimmungen
Botulismus gehört zu den nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtigen Krankheiten.