Keuchhusten (Pertussis)

Erreger

Erreger des Keuchhustens (Pertussis) ist Bordetella (B.) pertussis, ein obligat aerobes, unbewegliches, gramnegatives Stäbchenbakterium der Gattung Bordetella aus der Familie Alcaligenaceae. B. pertussis bildet neben Pertussis-Toxin noch verschiedene weitere Virulenzfaktoren aus. Das nah verwandte Bakterium Bordetella parapertussis kann eine keuchhustenähnliche Erkrankung auslösen, die aber meist leichter und kürzer als der echte Keuchhusten verläuft.

Vorkommen und Übertragung

Der Mensch ist neben dem Schimpansen der einzige Wirt für B. pertussis, während B. parapertussis auch beim Schaf als Erreger von Atemwegserkrankungen nachgewiesen wurde.

Keuchhusten kommt ganzjährig vor, wobei in den Herbst- und Wintermonaten die Inzidenz etwas höher liegt als im Rest des Jahres. Keuchhusten ist hoch ansteckend. Die Übertragung erfolgt als Tröpfcheninfektion durch engen Kontakt (bis zu ca. 1 Meter) zu einer infektiösen Person durch Husten, Niesen oder Sprechen. Bereits eine geringe Keimmenge von nur etwa 100 Keimen kann zur Ansteckung führen.

Die Ansteckungsfähigkeit beginnt bereits am Ende der Inkubationszeit kurz vor Beginn der klinischen Symptomatik, erreicht ihren Höhepunkt während der ersten beiden Wochen der Erkrankung (Stadium catarrhale; Erkältungsphase) und kann bis zu 5 Wochen andauern. Bei Durchführung einer antibiotischen Therapie verkürzt sich die Dauer der Ansteckungsfähigkeit auf etwa fünf Tage nach Beginn der Therapie.

Krankheitsverlauf

Nach einer Inkubationszeit von meist 9 – 10 Tagen (Spanne: 6 – 20 Tage) kommt es zur Entwicklung der ersten Symptome. Die Erkrankung dauert in der Regel mehrere Wochen und verläuft typischerweise in drei Stadien:

  • Stadium catarrhale (Dauer 1 – 2 Wochen): erkältungsähnliche Symptome wie Schnupfen, leichter Husten, meist kein oder nur mäßiges Fieber.
  • Stadium convulsivum (Dauer 4 – 6 Wochen): anfallsweise auftretende Hustenstöße („Stakkatohusten“), gefolgt von keuchenden Einziehen der Luft. Die Hustenattacken gehen häufig mit dem Auswurf von zähem Schleim und anschließendem Erbrechen einher. Die Attacken können sehr zahlreich sein und treten gehäuft nachts auf. Fieber fehlt oder ist nur geringfügig ausgeprägt. Bei Neugeborenen und Säuglingen kann es zu lebensgefährlichen Atemstillständen kommen.
  • Stadium decrementi (Dauer 2 – 6 Wochen (manchmal bis 10 Wochen): Es kommt zum allmählichen Abklingen der Hustenanfälle.

Diesen charakteristischen Krankheitsverlauf zeigen vor allem Säuglinge. Säuglinge haben auch das höchste Risiko für schwerwiegende Komplikationen, wie z. B. Lungenentzündung, Ohrentzündung, Nebenhöhlenentzündung, Inkontinenz, Rippenbrüche sowie Blutungen am Auge oder selten sogar Hirnblutungen. Ein hoher Anteil aller Krankenhausbehandlungen und fast alle Todesfälle betreffen dementsprechend junge, ungeimpfte Säuglinge unter 6 Monaten.
Bei Jugendlichen und Erwachsenen verläuft die Erkrankung häufig nur als lang dauernder Husten ohne die typischen Hustenanfälle.

Eine antibiotische Therapie beeinflusst Dauer und Heftigkeit der Hustenattacken häufig nicht wesentlich, da sie in der Regel nicht früh genug einsetzt, um eine deutliche klinische Verbesserung zu erzielen. Sie kann jedoch zur Unterbrechung der Infektionsketten von erheblicher Bedeutung sein.

Diagnostik

Da Patienten mit Keuchhusten oft ein unspezifisches klinisches Bild zeigen, ist die Labordiagnostik für das sichere Erkennen der Erkrankung und die daraus resultierenden Maßnahmen zum Infektionsschutz von großer Bedeutung.
Die Diagnostik erfolgt in den ersten 2 – 3 Wochen durch einen tiefen Abstrich aus dem Nasen-Rachenraum oder aus Nasen-Rachensekret, das beim Absaugen gewonnen wurde, mittels Kultur oder PCR. Erst ca. 3 Wochen nach Hustenbeginn sind spezifische Antikörper im Blutserum nachweisbar. Wenn innerhalb der letzten 12 Monate gegen Pertussis geimpft wurde, ist eine serologische Diagnostik nicht aussagekräftig und es sollte daher immer eine PCR erfolgen.

Präventive Maßnahmen

Zur Prophylaxe ist in Deutschland eine Impfung vorhanden und empfohlen:

  • Grundimmunisierung bei Säuglingen und Kleinkindern im Alter von 2 und 4 Monaten, eine weitere Impfung im Alter von 11 Monaten (2+1-Schema). Wichtig für den Langzeitschutz ist ein Mindestabstand von 6 Monaten zwischen der 2. und 3. Impfung.
  • Auffrischungsimpfungen: 1 Dosis mit 5 bis 6 Jahren und 1 Dosis ab 9 bis 16 Jahren
  • Eine Impfung für alle Schwangeren zu Beginn des 3. Schwangerschaftsdrittels (oder bei erhöhter Wahrscheinlichkeit für eine Frühgeburt bereits im 2. Schwangerschaftsdrittel). Diese Empfehlung gilt für jede Schwangerschaft, unabhängig davon, wie lange die letzte Pertussis-Impfung zurückliegt.
  • Eine Auffrischungsimpfung für enge Kontaktpersonen eines Säuglings (z. B. Großeltern, Freunde, Babysitter, Tagesmütter) spätestens vier Wochen vor der Geburt (wenn die letzte Impfung mehr als 10 Jahre zurückliegt).
  • Zudem sollte sich Personal im Gesundheitsdienst sowie in Gemeinschaftseinrichtungen regelmäßig im Abstand von 10 Jahren impfen lassen.
  • Für alle Erwachsenen empfiehlt die STIKO, die nächste fällige Td-Impfung (Tetanus und Diphtherie) einmalig in Kombination mit einem Pertussis-Impfstoff zu verabreichen, da immerhin zwei Drittel aller Erkrankungen bei Personen über 19 Jahren auftreten.

Wegen der begrenzten Dauer der Immunität sowohl nach natürlicher Erkrankung als auch nach vollständiger Impfung können sich auch immunisierte Kinder, Jugendliche und Erwachsene wieder neu infizieren. Ziel der gegenwärtigen Impfstrategie in Deutschland ist daher ein möglichst frühzeitiger und vollständiger Schutz für die besonders gefährdeten Säuglinge und Kleinkinder. Dies gelingt durch die Impfung der Mutter in der Schwangerschaft sowie durch die zeitgerechte und vollständige Impfung der Säuglinge und Kleinkinder (Grundimmunisierung). Der Impfschutz sollte später sowohl im Vorschul- als auch im Jugendalter und bei Erwachsenen aufgefrischt werden, um die besonders gefährdeten Gruppen zu schützen (Kokonstrategie, Herdenschutz).

Meldepflicht nach Infektionsschutzgesetz (IfSG)

Seit März 2013 besteht eine Meldepflicht gegenüber dem Gesundheitsamt sowohl für die Erkrankung als auch für den Verdacht auf die Erkrankung sowie für den labordiagnostischen Nachweis.

Epidemiologie

Bezüglich der gemeldeten Keuchhustenfälle wird ein insgesamt steigender Trend aktuell in Bayern und auch in anderen Bundesländern beobachtet. Vermutlich ist dies durch ein momentan gehäuftes Vorkommen und eine zunehmend bessere Erfassung der Erkrankung zu erklären. Impflücken in der Bevölkerung – sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Erwachsenen – begünstigen dabei Ansteckungen.

Tab. 1: Keuchhustenfälle und Inzidenz (Fälle pro 100.000 Einwohner) entsprechend der Referenzdefinition des RKI in Bayern aufgeteilt nach Regierungsbezirk und Jahren (Datenstand 23.05.2024, Datenquelle SurvNet).
  2019 2020 2021 2022 2023
Regierungs­bezirk Fallzahl Fälle pro 100.000 Einwohner Fallzahl Fälle pro 100.000 Einwohner Fallzahl Fälle pro 100.000 Einwohner Fallzahl Fälle pro 100.000 Einwohner Fallzahl Fälle pro 100.000 Einwohner
Mittelfranken 167 9,41 80 4,51 12 0,68 15 0,83 64 3,54
Niederbayern 79 6,35 45 3,61 10 0,80 19 1,49 51 4,00
Oberbayern 1.632 34,64 417 8,84 148 3,13 271 5,64 476 9,91
Oberfranken 73 6,85 34 3,20 9 0,85 19 1,77 29 2,70
Oberpfalz 100 8,99 46 4,14 17 1,52 15 1,32 70 6,17
Schwaben 123 6,48 42 2,20 9 0,47 27 1,39 52 2,67
Unterfranken 361 27,40 190 14,42 31 2,35 46 3,45 64 4,80

Zu beobachten ist, dass regional und zeitlich Schwankungen bei den Meldezahlen bestehen. Dies ist sowohl zwischen den Bundesländern (BL) als auch auf Kreisebene festzustellen. Diese Unterschiede lassen sich nicht allein durch unterschiedlich häufiges Vorkommen der Krankheit erklären. Da die klinische Diagnose einer Keuchhustenerkrankung aufgrund der nicht immer typischen Symptomatik teilweise schwierig ist, dürften Unterschiede in der Diagnostik in Praxen, Labors und klinischen Einrichtungen einen großen Einfluss auf die Meldezahlen haben. Hinzu kommt, dass insbesondere im Zusammenhang mit Krankheitshäufungen – aufgrund der gesteigerten Aufmerksamkeit – vermehrt eine Diagnostik eingeleitet wird. Im Gegensatz zu einigen vektorübertragen Erkrankungen (z. B. Hantavirus und FSME) gibt es für Keuchhustenerkrankungen keine speziellen Risikogebiete.

Aus den östlichen BL (in denen es bis einschließlich 2012 jeweils eine Meldepflicht nach Landesverordnung gab), wurden zyklische Anstiege von Pertussis im Abstand von 4 bis 6 Jahren beobachtet. Die Zahl der gemeldeten Pertussisfälle und dementsprechend auch die Inzidenz (beides ausgewertet nach Referenzdefinition des RKI) sind während der Coronapandemie in den Jahren 2020 bis 2023 stark gesunken. Dieser Trend setzt sich im Jahr 2024 nicht fort. Bei der Betrachtung der Daten mit Stand 23.05.2024 kann festgestellt werden, dass die 1.174 in 2024 an das LGL nach Referenzdefinition übermittelten Pertussisfälle mit den Fallzahlen in den vorpandemischen Jahren 2014, 2016–2018 vergleichbar sind (Spanne von 1.002 bis 1.437 Fällen).

Seit der Einführung der bundesweiten Meldepflicht gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) für Keuchhusten im Frühjahr 2013 sind Kinder die am meisten betroffene Gruppe, v.a. die Kinder im Alter von 10 bis 14 Jahren, aber auch jüngere Kinder bzw. Säuglinge. Die Altersgruppe der Einjährigen hat im Vergleich zu den anderen Altersgruppen ein besonders hohes Risiko schwer zu erkranken und Komplikationen zu erleiden. Daher ist für diese Altersgruppe der Schutz durch eine geimpfte Umgebung (Kokonstrategie) besonders wichtig.

Tab. 2: Keuchhustenfälle und Inzidenz (Fälle pro 100.000 Einwohner)entsprechend der Referenzdefinition des RKI in Bayern aufgeteilt nach Altersgruppe und Jahren (Datenstand 23.05.2024, Datenquelle SurvNet).
  2019 2020 2021 2022 2023
Altersgruppen (in Jahren) Fallzahl Fälle pro 100.000 Einwohner Fallzahl Fälle pro 100.000 Einwohner Fallzahl Fälle pro 100.000 Einwohner Fallzahl Fälle pro 100.000 Einwohner Fallzahl Fälle pro 100.000 Einwohner
< 1 49 38,27 27 20,99 7 5,22 9 7,20 48 38,39
1 bis 4 197 36,89 63 11,80 26 4,87 58 10,86 157 29,40
5 bis 9 209 35,75 57 9,56 4 0,65 26 4,05 98 15,27
10 bis 14 247 42,87 54 9,35 1 0,17 6 1,00 57 9,52
15 bis 19 222 35,52 52 8,52 0 0 18 2,92 59 9,58
20 bis 24 90 11,74 27 3,58 7 0,94 12 1,62 24 3,24
25 bis 29 94 10,95 34 4,06 15 1,80 14 1,65 10 1,18
30 bis 39 276 15,85 105 5,98 26 1,47 63 3,49 68 3,77
40 bis 49 293 17,62 120 7,30 37 2,26 58 3,49 60 3,61
50 bis 59 351 16,58 120 5,70 40 1,93 43 2,11 77 3,77
> 60 506 13,47 193 5,14 73 1,94 105 2,80 148 3,94
unbekannt 1   2              

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