Stabilisotopenanalytik
Grundlagen
Lebensmittel bzw. ihre Inhaltsstoffe bestehen überwiegend aus den Bioelementen Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel, die in unterschiedlich schweren Formen, den sogenannten stabilen Isotopen vorkommen. Isotope verhalten sich chemisch gleich, reagieren aber physikalisch etwas unterschiedlich. Natürliche Vorgänge wie die Kohlendioxid-Fixierung in Pflanzen bei der Fotosynthese oder technische Verfahrensschritte wie Destillation oder Extraktion bewirken Fraktionierungen der Isotope (Verschiebung der Häufigkeit der Isotope eines Elements). Dadurch entstehen charakteristische und quantitativ erfassbare Isotopenmuster bei den Inhaltsstoffen von Pflanzen und Tieren, die eine Überprüfung der Authentizität und den Nachweis von Verfälschungen von Lebensmitteln ermöglichen.
Mittels Isotopenverhältnismassenspektrometrie (IRMS) und Deuterium (2H) Kernresonanzspektrometrie (NMR) können Isotopenmuster von Inhaltsstoffen bestimmt werden, mit denen die geografische Herkunft überprüft aber auch unzulässige Zusätze wie Fremdzucker, -wasser oder -akohol aber auch synthetische Ersatzstoffe nachgewiesen werden können.
Echtheit
Mit der Stabilisotopenanalyse sind Aussagen möglich, ob Manipulationen durch Verschnitte oder unzulässige, minderwertigere oder synthetische Zusätze oder Rohstoffe erfolgten
(Tabelle 1).
Produkt | Prüfung auf | Methode |
---|---|---|
Fruchtsaft | Zusatz von Wasser | 2H- und 18O-IRMS |
Fruchtsaft | Zuckerung | 13C-IRMS und 2H-NMR |
Fruchtsaft | Säuerung | 13C-IRMS |
Honig | Zusatz von Fremdzucker | 13C-IRMS |
Aromen | natürlich/synthetisch | 13C- und 18O-IRMS, 2H-NMR |
Wein | Zusatz von Wasser | 2H- und 18O-IRMS |
Wein | Anreicherung, Süßung | 13C-IRMS, 2H-NMR |
Spirituosen | Rohstoffart | 13C-IRMS, 2H-NMR |
So können z. B. bei Wein oder Fruchtsaft Zusätze von Saccharose aus der Zuckerrübe oder aus Zuckerrohr, aber auch Mischungen dieser Zucker sehr gut über die 13C-IRMS und die 2H-NMR-Analyse nachgewiesen werden. Über das Sauerstoff-Isotopenverhältnis des Wassers kann sowohl die Streckung eines Weins mit Wasser nachgewiesen werden als auch geprüft werden, ob es sich um einen aus der Frucht gepressten und abgefüllten Direktsaft mit fruchteigenem Wasser oder um einen Fruchtsaft aus Fruchtsaftkonzentrat, hergestellt durch Rückverdünnung des Konzentrates mit Leitungswasser handelt. Die Grundlage dieser Methode ist die Tatsache, dass das Wasser in allen Früchten gegenüber dem Grundwasser mit einem höheren Anteil an schweren Sauerstoff- und Wasserstoffisotopen (18O und 2H) angereichert ist. Die Messung der Kohlenstoff- und Wasserstoff-Isotopenverhältnisse wird auch zur Überprüfung der Natürlichkeit von Aromastoffen herangezogen. Im Bereich der Aromastoffe ermöglicht die Stabilisotopenanalyse z. B. eine sichere Unterscheidung zwischen einem natürlichen, aus der Vanilleschote stammenden Vanillearoma und einem Vanillearoma, das synthetisch oder biotechnologisch aus anderen Rohstoffen (z. B. Reis, Holz) hergestellt worden ist.
Geografische Herkunft
Zur Prüfung der geografischen Herkunft werden die Isotopenverhältnisse von Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel herangezogen. Die Isotopenverhältnisse der Elemente werden durch lokal unterschiedliche Isotopeneffekte verändert, dadurch kann sich die isotope Zusammensetzung eines Erzeugnisses deutlich von der eines anderen Standortes unterscheiden. Vor allem durch das vorherrschende Klima, die Bodenbeschaffenheit und -bearbeitung in der die Pflanzen wachsen sowie bei Tieren durch deren Futtergrundlage werden die Isotopenverhältnisse der Elemente beeinflusst (Tabelle 2).
Stabilisotopenverhältnis | Aussage |
---|---|
Wasserstoff (2H/1H), Sauerstoff (18O/16O) | Klima, Entfernung zum Meer |
Kohlenstoff (13C/12C) | Klima, Futter z. B. Getreide oder Mais |
Stickstoff (15N/14N) | Bodenbearbeitung, Düngereinsatz |
Schwefel (34S/32S) | Meeresnähe, Geologie |
Die Grundlage der Prüfung der geografischen Herkunft mittels Stabilisotopenanalyse ist der Vergleich von authentischen Referenzproben, mit bekannter geografischer Herkunft, mit der zu überprüfenden Probe. Eine Bestimmung der geografischen Herkunft ist möglich, wenn sich die Isotopenverhältnisse der geografischen Herkünfte deutlich voneinander unterscheiden und wenn eine ausreichende Anzahl von Vergleichsdaten authentischer Referenzproben oder verlässlicher Handelsproben vorliegt.
Ökologisch oder konventionell?
Die Unterscheidung ökologischer von konventionellen Erzeugnissen basiert auf der Bestimmung des Stickstoff-Isotopenverhältnisses und somit dem Nachweis des Einsatzes von anorganischem Dünger (Mineraldünger), die im ökologischen Anbau gemäß Art. 12, Abs. 1, Buchstabe e der Verordnung (EG) 834/2007 nicht verwendet werden dürfen. Die Fruchtbarkeit und biologische Aktivität des Bodens wird im ökologischen Anbau vielmehr durch mehrjährige Fruchtfolge und dem Einsatz von aus ökologischer Produktion stammenden Düngern tierischer Herkunft oder organischen Substanzen erhalten und gesteigert. Das Stickstoff-Isotopenverhältnis in den Pflanzen wird durch Faktoren wie Bodenzusammensetzung, Pflanzenart sowie Art und Umfang der Düngung beeinflusst. Stickstoff liegt in der Natur in zwei Isotopen vor, dem schweren (15N) und dem leichten (14N). In der Atmosphäre ist das Verhältnis der beiden konstant. In biochemischen Reaktionen werden Verbindungen mit dem schweren Isotop im Allgemeinen langsamer umgesetzt als Verbindungen mit dem leichten Isotop, dies führt unter anderem zu einer Anreicherung von 15N in tierischen Organismen. Organischer Dünger aus tierischen Organismen ist somit reicher an schwerem Stickstoff (15N) im Vergleich zu anorganischen Düngern. Anorganische Dünger werden chemisch durch atmosphärischen Stickstoff gewonnen und haben daher etwa dieselbe isotopische Zusammensetzung. Pflanzliche Erzeugnisse, die mit anorganischen Düngern erzeugt wurden, haben deutlich niedrigere Stickstoff-Isotopenwerte als pflanzliche Erzeugnisse, bei deren Erzeugung organische Dünger verwendet wurden.