Hepatitis E
Erreger
Eine Hepatitis E Infektion wird durch das Hepatitis E Virus (HEV) verursacht. Man unterteilt die beim Menschen vorkommenden Hepatitis E Viren in die Genotypen 1 bis 4.
Vorkommen
Das HEV kommt weltweit vor, je nach Region und Genotyp kann sich die Epidemiologie und Klinik jedoch unterscheiden.
In industrialisierten Ländern galt die Hepatitis-E-Erkrankung lange Zeit als Reiseerkrankung, mit der man sich bei einem Auslandsaufenthalt in endemischen Regionen in Asien, Mittelamerika und Afrika ansteckte. Hepatitis-E-Infektionen nehmen seit 2010 sowohl in Bayern als auch in ganz Deutschland stetig zu. Besonders deutlich ist der Anstieg bei den sogenannten autochthonen Fällen, die nicht reisebedingt sind und bei denen die Infektion in Deutschland erworben wurde. Im Jahr 2019 gab es in Deutschland mehr als 3.700 laborbestätigte klinische HEV-Infektionen, bei denen in 93,7 % der Fälle keine Reisehistorie vorlag (Dudareva et al., 2022). Der Grund für den Anstieg der gemeldeten Fälle ist nicht gänzlich bekannt, könnte aber durch eine verstärkte Sensibilisierung der Ärzteschaft für das Thema sowie durch häufiger angewandte und empfindlichere Diagnoseverfahren bedingt sein. Außerdem könnte sich die 2020 eingeführte Untersuchung von Blutspenden in den Meldezahlen niederschlagen. In Bayern wurden in den letzten 5 Jahren (2019-2023) zwischen ca. 430-510 Hepatitis E Fälle gemeldet.
Krankheitsbild
Eine Infektion mit dem in Deutschland sowie mehreren Ländern Europas und Nordamerika endemisch vorkommenden HEV Genotyp 3 verläuft meist asymptomatisch. Symptomatische Erkrankungen verlaufen meist akut, selbstlimitierend (d. h. ohne äußere Einflüsse bzw. therapeutische Maßnahmen wieder zum Erliegen kommend) und häufig ohne Ikterus (Gelbfärbung von Haut und Schleimhäuten) mit gelegentlich milden gastrointestinalen Symptomen (Entfärbung des Stuhls, Oberbauchbeschwerden). Bei Personen mit Vorschädigung der Leber oder Immunsuppression kann es zu einem schweren Verlauf der Erkrankung oder auch zu einer Chronifizierung der Erkrankung kommen.
Die Inkubationszeit beträgt zwischen zwei und neun Wochen.
In vielen Ländern Asiens und Afrikas herrschen die Hepatitis-E-Viren der Genotypen 1 und 2 vor. Sie verursachen sporadische Infektionen und Ausbrüche. In Deutschland werden diese Genotypen vereinzelt bei Reiserückkehrern diagnostiziert. Eine Infektion mit dem Hepatitis-E-Virus Genotyp 1 kann bei Schwangeren zu einem schweren Verlauf der Erkrankung führen. Für Infektionen mit den in Europa zirkulierenden Viren der Genotypen 3 und 4 gibt es keine Hinweise, dass eine Schwangerschaft die Prognose der Erkrankung verschlechtert.
Übertragungswege
In den Industrieländern wird eine zoonotische Übertragung durch direkten Kontakt mit HEV-infizierten Tieren bzw. durch den Verzehr nicht oder nur unzureichend erhitzter Lebensmittel (Schweine- bzw. Wildfleisch und daraus hergestellter Produkte) angenommen.
Auch in Muscheln kann das Virus nachgewiesen werden, da diese als filtrierende Organismen das Virus anreichern können. Eine weitere Möglichkeit der Übertragung ist parenteral, z. B. durch kontaminierte Blutprodukte. Seit 2019 werden Blutprodukte von Blutspenden in Deutschland auf HEV untersucht. Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung (z. B. unter Haushaltsangehörigen) ist bei reiseassoziierten HEV-1- und -2-Infektionen durch Kontaktübertragung (Schmierinfektion) möglich. In Deutschland erworbene Infektionen durch HEV-3 scheinen (wenn überhaupt) jedoch nur extrem selten direkt von Mensch zu Mensch übertragbar zu sein. In Ländern mit wenig Ressourcen und niedrigem Hygienestandard wird das Virus (Genotyp 1 und 2) hauptsächlich durch die Aufnahme von fäkal verunreinigtem Wasser oder Lebensmitteln übertragen.
Diagnostik
Die Diagnosestellung einer Hepatitis-E-Infektion erfolgt in der Regel über den Nachweis von gegen HEV gerichteten Antikörpern im Blut. Häufig lassen sich auch erhöhte Leberwerte im Blut nachweisen. Bei nicht eindeutiger Klinik oder immunsupprimierten Patientinnen und Patienten kann die Diagnostik um den direkten Erregernachweis aus dem Blut und / oder Stuhl erweitert werden. Im Stuhl kann der Erreger ungefähr im Zeitraum eine Woche vor, bis vier Wochen nach Symptombeginn nachgewiesen werden.
Das LGL bietet keine Hepatitis E Diagnostik an, das Untersuchungsangebot finden Sie im Leistungsverzeichnis. Weitere Spezialdiagnostik wie z.B. Sequenzierungen zur Klärung von Ausbrüchen sind am Konsiliarlabor für Hepatitis A und Hepatitis E vorhanden.
Behandlung und Schutzmöglichkeiten
Ein Impfstoff gegen Hepatitis E ist in Europa noch nicht etabliert.
Bei immunkompetenten Hepatitis E-Erkrankten ist in der Regel keine Therapie notwendig und eine symptomatische Behandlung ausreichend. Ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf kann bei bestehender Lebervorschädigung und bei Schwangeren vorliegen. Bei Patientinnen und Patienten mit einer chronischen Hepatitis E sollte eine Viruselimination angestrebt werden, um eine verlängerte Ausscheidungsdauer und die weitere Zerstörung des Lebergewebes zu verhindern.
Empfehlungen zum Infektionsschutz
In Gebieten mit endemischer Verbreitung der Genotypen 1 oder 2 sollten Reisende die allgemeinen Regeln zur Vermeidung von lebensmittelbedingten Infektionen beachten.
In Deutschland und anderen Ländern mit Vorkommen des Genotyps 3 und 4 sollten Produkte von Schwein und Wild (z. B. Wildschwein, Reh und Hirsch), insbesondere Innereien, nur durchgegart verzehrt werden. Das Durchgaren bzw. Erhitzen auf 71°C für mindestens 20 Minuten inaktiviert das Virus. Zur Vermeidung von Kreuzkontaminationen sollte auf eine gute Küchenhygiene geachtet werden.
Aktuelle Zahlen
Informationen zu den aktuellen Meldezahlen für Bayern finden Sie unter dem Link zu der LGL-Internetseite „Aktuelle Statistik ausgewählter meldepflichtiger Krankheiten in Bayern“. Eine Übersicht der meldepflichtigen Infektionskrankheiten der vergangenen Jahre finden Sie unter dem Link zu folgender LGL-Internetseite „Meldepflichtige Infektionserkrankungen – Daten der vergangenen Jahre".
Gesetzliche Grundlage
Dem Gesundheitsamt wird gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 IfSG der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an akuter Virushepatitis sowie gemäß § 7 Abs. 1 IfSG der direkte oder indirekte Nachweis von Hepatitis-E-Virus, soweit er auf eine akute Infektion hinweist, namentlich gemeldet.
Des Weiteren ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 IfSG der Verdacht auf und die Erkrankung an einer akuten infektiösen Gastroenteritis meldepflichtig, wenn die betroffene Person Umgang mit Lebensmitteln hat oder in Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung (z. B. Küchen, Gaststätten) beschäftigt ist (siehe Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen), oder wenn zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird.
Die Meldungen müssen dem Gesundheitsamt spätestens 24 Stunden nach erlangter Kenntnis vorliegen.
In § 8 IfSG werden die zur Meldung verpflichteten Personen benannt (https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__8.html). In § 9 IfSG ist festgelegt, welche Angaben die namentliche Meldung an das Gesundheitsamt enthalten darf (https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__9.html).
In § 34 IfSG für Personen die in Einrichtungen gemäß § 33 (z.B. Kinderkrippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhorte, Schulen, Heime, Ferienlager) arbeiten oder betreut werden und an einer Hepatitis E erkrankt oder der Verdacht auf eine Hepatitis E-Erkrankung besteht, besondere Regelungen zur Einschränkung der Tätigkeit bzw. des Besuchs der Gemeinschaftseinrichtung niedergeschrieben. Weitere Informationen finden sie auf den RKI-Seiten.
Personen die an Hepatitis E erkrankt oder dessen verdächtig sind, dürfen gemäß §42 IfSG in Lebensmittelbetrieben und Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung nicht tätig sein oder beschäftigt werden. Weitere Informationen finden sie auf den RKI-Seiten.