Monitoring gebietsfremder Stechmücken in Bayern und am Flughafen München

Signet Jahresbericht 2021/22

Abstract

Am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) werden seit 2022 zwei eigenständige Projekte zum Monitoring gebietsfremder Stechmücken durchgeführt.
In dem einen Projekt, der Machbarkeitsstudie, wurden 2022 Abläufe etabliert um darauf basierend Monitoringaktivitäten im Jahr 2023 an verschiedenen Orten in Bayern zu beginnen.In diesem Beitrag werden die ersten Abläufe beschrieben.
Bei dem anderen Projekt am Münchner Flughafen führte das LGL ein Stechmücken-Monitoring im Rahmen der Internationalen Gesundheitsvorschriften der Weltgesundheitsorganisation durch. Nachfolgend werden die Ergebnisse der ersten Fangsaison in 2022 dargestellt.

Hintergrund und Entwicklung

Zunehmender globaler Warenhandel und Mobilität führen in Deutschland vermehrt zur Eintragung gebietsfremder Vektoren, wie der Stechmückenart Aedes albopictus (Asiatische Tigermücke). Veränderte klimatische Bedingungen begünstigen zudem die Ausweitung von Gunst(zeit)räumen und die Etablierung von Populationen. Dies zeigen Vorhersagen basierend auf Modellierungen [1]. Auch die zunehmende Anzahl gemeldeter Funde weist auf eine Ausbreitung in Europa hin [2]. Durch ihr aggressives Stechverhalten tritt die Tigermücke hierzulande aktuell vor allem als sogenannter Lästling in Erscheinung. Der Flugradius ist mit ca. 200 m sehr gering. Sie ist jedoch auch kompetenter Vektor für die Übertragung von Erregern reiseassoziierter Erkrankungen, wie beispielsweise Dengue- und Chikungunya-Fieber. Zu lokalen (autochthonen) Übertragungen könnte es dann kommen, wenn gleichzeitig mehrere Faktoren zusammentreffen: Passende klimatische Verhältnisse sowie Kontakt von Vektor und infektiösem Wirt. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, die Eintragung und Ausbreitung gebietsfremder Vektoren zu überwachen. Im Jahr 2022 wurden am LGL dazu diezwei oben genannten Monitoring-Projekte gestartet.

Ergebnisse

Etablierung von Arbeitsabläufen im Rahmen der Machbarkeitsstudie

Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie werden bis Ende 2023 Strukturen erarbeitet, die für ein zukünftiges, bayernweites Stechmücken-Monitoring notwendig sind. Die erste Phase des Projekts im Jahr 2022 diente dem Aufbau von lokalen und bundesweiten Netzwerken, Informationskaskaden und technischem Know-how. Das LGL betrieb jeweils zwei Sentinel- und GAT (Gravid Aedes Trap)-Fallen zur Sammlung adulter Stechmücken (Abbildung 1). Die Stechmücken werden durch Lockstoffe (CO2, künstlicher menschlicher Körpergeruch) und durch die spezifische Bauart der Fallen angelockt. Ergänzend kamen vier Eiablagefallen zum Sammeln von Stechmückeneiern zum Einsatz. Die adulten Stechmücken wurden nach dem Fang zunächst morphologisch bestimmt. Im Falle von Eiablagen oder bei nicht morphologisch zu bestimmenden adulten Exemplaren wurde eine molekulare Speziesbestimmung (DNA-Barcoding) durchgeführt. Anhand von 252 Fängen, konnten die Abläufe von der Fallenleerung über den Transport und die Lagerung bis zum Erhalt des Laborergebnisses etabliert werden.

Sentinel-Falle, die durch Lockstoffe und die spezifische Bauart auf den Fang adulter Stechmücken abzielt

Abbildung 1. Sentinel-Falle zum Fang adulter Stechmücken

Pilotprojekt Stechmücken-Monitoring am Flughafen München

Als Vektor Controlling Maßnahme (VCM) im Rahmen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) der Weltgesundheitsorganisation stellte das LGL 42 Fallen am Flughafen München im Bereich der Gepäckabfertigung und Cargo sowie im Außenbereich an den Gates auf. Insgesamt wurden bis Ende 2022 in 13 Fangereignissen 191 Funde (Eier und adulte Tiere) registriert, die nach Art und zeitlichem Verlauf in Abbildung 2. dargestellt sind.

Die Ergebnisse des Stechmückenmonitorings am Flughafen wurden in einem Balkendiagramm dargestellt. Die Anzahl der Stechmückenfunde wurde nach Art und Monate der Fangsaison (Juni-Dezember 2022) aufgeschlüsselt. Insgesamt registrierte das LGL 191 Funde aus Eiablagefallen, Sentinel- und GAT-Fallen. Davon entfielen 168 Funde auf die Stechmückengattung Culex spp., ein weiterer Fund auf die ebenfalls einheimische Art C. annulata, zwei Funde auf die Art A. albopictus (Eier), 20 Funde auf die Art A. japonicus. Im Monat September gab es mit 51 Funden einen Höchststand, während hingegen im Dezember nur zwei Stechmückenfunde detektiert wurden. Datenstand: 31.12.2022. Weitere Details siehe folgende Tabelle

Abbildung 2: Ergebnisse des Stechmücken-Monitorings am Flughafen München im Jahr 2022 nach Art und zeitlichem Verlauf(insgesamt 191 Funde aus Eiablagefallen, Sentinel- und GAT-Fallen). Datenstand: 31.12.2022

Tabelle zu Abbildung 2

Tabelle zur Abbildung 2: Funde der unterschiedlichen Mückenarten am Flughafen München in den Monaten Juni bis Dezember im Jahr 2022
Monat Mückenart/Anzahl der Befunde (n)
Aedes albopictus n=2 Aedes japonicus n=20 Culex spp. n=168 Culiseta annulata n=1 Gesamtergebnis
Juni 19 19
Juli 1 5 24 30
August 1 40 41
September 1 50 51
Oktober 4 17 1 22
November 10 17 27
Dezember   1 1
Gesamtergebnis 2 20 168 1 191

Die Mehrheit der Funde konnte heimischen Stechmückenarten zugeordnet werden, wobei es sich bei dem Großteil der Funde mit 168 Exemplaren um die Stechmückengattung Culex spp. handelte sowie in einem Fall um die Art Culiseta annulata. In den Monaten Juli und August wurden am Flughafen München erstmals A. albopictus-Eier in zwei verschiedenen Eiablagefallen detektiert. In einem daraufhin durchgeführten intensivierten Stechmücken-Monitoring der Fundstellen wurden keine weiteren Funde in den Folgemonaten nachgewiesen. Des Weiteren wurden 20 Funde der gebietsfremden Stechmückenart A. japonicus registriert, wobei bekannt ist, dass A.  japonicus bereits in etablierten Populationen in Bayern vorkommt. Im gesamten zeitlichen Verlauf des allgemeinen Stechmücken-Monitorings am Flughafen gab es im September mit 51 Funden einen Höchststand, wohingegen im Dezember nur zwei Stechmückenfunde detektiert wurden.

Fazit

In der Pilotphase der Machbarkeitsstudie konnten Abläufe im Fallenhandling und zur Laboruntersuchung in kleinem Rahmen getestet, angepasst und etabliert sowie Ideen zur digitalen Abwicklung der Fallenleerung entwickelt werden. Auf Grundlage dieser Strukturen wird die bayernweite Ausweitung des Projekts im kommenden Jahr stattfinden. Die bisherigen Funde der gebietsfremden Stechmückenarten A. albopictus und A. japonicus am Flughafen München heben die Notwendigkeit der VCM an IGV-benannten Flughäfen hervor.

Maßnahmen und Ausblick

Die Machbarkeitsstudie sieht die Regelung von Zuständigkeiten sowie die Entwicklung von Handlungsleitfäden und Kommunikationsstrategien vor. Durch die Ausweitung der Aktivitäten auf weitere Standorte im kommenden Jahr soll bayernweit Expertise aufgebaut werden. Auch am Flughafen München ist für die Fangsaison 2023 eine Ausweitung der Fallen vorgesehen. Dabei sollen insbesondere die Grünflächen des Flughafens in den Fokus rücken und es gilt zu überprüfen, ob möglicherweise eine Überwinterung der asiatischen Tigermücke (A. albopictus) stattgefunden hat.

Literatur