Aufklärung von Listeriose- Ausbruchsgeschehen mittels
Next-Generation-Sequencing

Die am LGL bereits seit mehreren Jahren etablierte Next-Generation-Sequencing (NGS)-Technologie ermöglicht die Sequenzierung ganzer Bakteriengenome
und schafft damit die Voraussetzung für eine hochauflösende Typisierung von Bakterienisolaten. Bei der NGS-basierten Typisierung können verschiedene Genombereiche mit einbezogen werden.

Ein möglicher Ansatz ist beispielsweise die cgMLST-Analyse (Core Genome Multilocus Sequence Typing). Diese Analyse bezieht sich auf das Kerngenom der untersuchten Bakterienspezies, welches die Gene enthält, die in möglichst allen Isolaten einer Spezies zu finden sind. Die DNA-Sequenz jedes dieser Gene kann zwischen verschiedenen Isolaten variieren. Auf Basis dieser Sequenzvarianten von Genen (Allele) können Bakterienisolate in unterschiedliche Typen eingeordnet werden. Der Vergleich der Allele des Kerngenoms verschiedener Bakterienisolate wird am LGL vor allem zur Unterstützung von Ausbruchsanalysen genutzt.
Sehr ähnliche DNA-Sequenzen sind dabei ein Zeichen für eine nahe Verwandtschaft von Isolaten. Weisen zum Beispiel klinische und von Lebensmitteln gewonnene Listerien-Isolate ein nahezu identisches Allelprofil auf, kann dies einen Hinweis auf die potenzielle Infektionsquelle geben. Auf Basis der mittels NGS generierten Genomsequenz können noch weitere vergleichende Analysen vorgenommen werden, die zusätzliche Bereiche des Bakteriengenoms berücksichtigen. Auch hier sollten Isolate eines Ausbruchsgeschehens möglichst wenige Unterschiede aufweisen. Der Zusammenhang zwischen Lebensmittel und Infektionsquelle muss abschließend durch den Abgleich mit den Ergebnissen der epidemiologischen Untersuchungen (zum Beispiel Nennung des Lebensmittels bei Patientenbefragungen) geklärt werden.

In Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut ür Risikobewertung und dem Robert Koch-Institut konnte 2020 so unter anderem die Infektionsquelle eines internationalen Listeriose-Ausbruchsgeschehens identifiziert werden, wodurch es zu einem Rückruf des entsprechenden Produktes kam.
Die Ergebnisse der cgMLST-Analyse zweier Patientenisolate eines Ausbruchsgeschehens, des als ursächlich identifizierten Lebensmittels sowie weiterer Lebensmittel-Isolate sind in der Abbildung grafisch dargestellt. Die Zahlen geben an, um wie viele Allele sich die jeweils verbundenen Isolate unterscheiden. Die Isolate des Ausbruchsgeschehens sind grau hinterlegt.

In Abbildung 1 sind die Ergebnisse der cgMLST-Analyse grafisch als Spannbaum dargestellt. Die Isolate werden dabei als eingefärbte Kreise abgebildet, die untereinander durch Striche mit einem bis zu vier anderen Isolaten verbunden sind. Zahlen neben den Strichen geben die Anzahl der Allele an, um die sich die jeweils miteinander verbundenen Isolate unterscheiden. Die Isolate sind durch die Färbung ihrer Kreise in drei unterschiedliche Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe besteht aus drei Ausbruchsisolaten. Zu ihnen zählen zwei klinische Isolate sowie das als ursächlich identifizierte Lebensmittel. Diese Isolate unterscheiden sich um maximal zwei Allele. Die weiteren abgebildeten Isolate wurden alle von Lebensmitteln gewonnen und stammen entweder aus ähnlichen Lebensmittelprodukten wie das als ursächlich identifizierte Lebensmittel (Gruppe 2) oder aus dazu unterschiedlichen Lebensmitteln (Gruppe 3). Die Lebensmittel-Isolate aus Gruppe 1 und Gruppe 2 unterscheiden sich um mindestens 1.195 Allele von denen des Ausbruchsgeschehens.

Abbildung 1: Darstellung der cgMLST-Analyse von Ausbruchsisolaten und Lebens-mittelisolaten ohne Zusammenhang mit dem Ausbruchs¬geschehen

Das ursächliche Lebensmittelisolat unterscheidet sich bei der Untersuchung von 1.701 Genen um maximal zwei Allele von den Patientenisolaten. Andere, zur Veranschaulichung willkürlich ausgewählte Isolate aus ähnlichen oder unterschiedlichen Lebensmittelprodukten unterscheiden sich deutlich von den Isolaten des Ausbruchsgeschehens.