Münchner Weißwurst – mit oder ohne Kalbfleisch?
Wie war es früher?
Bei der traditionellen Herstellung der „Münchner Weißwurst“ wurde früher üblicherweise Kalbfleisch verwendet. Im Amtsblatt der Stadt München vom März 1972 wird darauf hingewiesen, dass der Muskelfleischanteil der Weißwürste überwiegend aus Kalbfleisch zu bestehen hat. Dies wird vom Stadtrat im Amtsblatt sowohl für die in München hergestellten als auch für die in München unter der Bezeichnung „Weißwurst“ in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gefordert. Sogar auswärtige Erzeugnisse, die unter der Bezeichnung „Münchner Weißwürste“ oder „Weißwürste Münchner Art“ oder ähnlich in den Verkehr gebracht werden, sollten diese Anforderung erfüllen.
Wie ist es heute geregelt?
Die „Münchner Weißwurst“ wurde um 1968 als Gattungsbezeichnung in die Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse aufgenommen. Diese Leitsätze des deutschen Lebensmittelbuchs, zu deren Kommission Vertreter aus Wissenschaft, Lebensmittelüberwachung, Verbraucherschaft und Lebensmittelwirtschaft gehören, beschreiben den redlichen Hersteller- und Handelsbrauch bezüglich der betreffenden Lebensmittel. Die allgemeine Verkehrsauffassung für „Münchner Weißwurst“ ist in den Leitsätzen wie folgt beschrieben (Punkt 2.221.09):
Als Ausgangsmaterial ist außer Speck und zusätzlichem Bindegewebe (so genanntem „Häutelzeug“), sehnen- und fettgewebsarmes Jungrindfleisch, grob entsehntes Kalb- und Jungrindfleisch und fettgewebereiches Schweinefleisch vorgesehen.
Grundsätzlich können Rindfleisch und Schweinefleisch gegeneinander ausgetauscht werden, soweit sich aus den Leitsätzen nichts Gegenteiliges ergibt. Da bei „Münchner Weißwurst“ in den Leitsätzen keine derartigen Einschränkungen gemacht werden, ist die Herstellung nur aus Schweinefleisch erlaubt - also auch ohne Kalbfleisch.
Sonderfall „Original Münchner Weißwurst“
Im Gegensatz zur „Münchner Weißwurst“ darf eine „Original Münchner Weißwurst“ oder „Echte Münchner Weißwurst“ nicht ohne Kalbfleisch hergestellt werden. Bei diesen — zwingend in München hergestellten — Weißwürsten gilt die im Amtsblatt der Stadt München von 1972 genannte Forderung, dass der Fleischanteil überwiegend aus Kalbfleisch bestehen muss.
Wie sehen es andere?
Auf der Website „Spezialitätenland-Bayern“ des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wird in der Rezeptur für „Münchner Weißwurst“ die Verarbeitung von mindestens 51 % Kalbfleisch angegeben. Als weitere Zutaten werden Schweinefleisch, Schweinespeck, gegartes Kalbskopffleisch, Eis-Schnee, Kochsalz, Petersilie, Zwiebel, Pfeffer, Muskat (Macis), Zitronenpulver und für das Häutelwerk gekochte Kalbskopfteile mit Haut, Bindegewebsteile von Kälbern und gekochte Schwarten von jungen Schweinen genannt. Diese Rezeptur entspricht im Wesentlichen der traditionellen Herstellungsweise der oben genannten „Original Münchner Weißwurst“, geht jedoch über die Anforderungen der Rezeptur für eine „Münchner Weißwurst“ nach den Leitsätzen hinaus.
Die Verbraucherzentrale betont, dass eine "Münchner Weißwurst" nach den Leitsätzen ausschließlich aus Schweinefleisch hergestellt werden darf. Trotzdem könnten sich ihrer Ansicht nach Verbraucher zu Recht getäuscht fühlen, wenn fertig verpackte „Münchner Weißwürste“ ohne Kalbfleisch angeboten werden. Die Verbraucherzentrale fordert daher die Nennung aller verwendeten Tierarten auf der Schauseite der Verpackungen gleichermaßen für „Münchner Weißwurst“ und „Original Münchner Weißwurst“.
Was wäre wünschenswert?
Der Verbraucher soll klar erkennen können, ob und wieviel Kalbfleisch verarbeitet wurde. Hierfür ist es notwendig, dass der tatsächliche Anteil an Kalbfleisch prozentual ausgewiesen wird. So kann der Verbraucher selbst über die von ihm gewünschte Qualität entscheiden.