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Fischartendifferenzierung - Untersuchungsergebnisse Januar 2006 bis Mitte Februar 2009 - welcher Fisch liegt tatsächlich auf dem Teller?
Von Januar 2006 bis Mitte Februar 2009 untersuchte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) 143 Fischproben auf ihre Art. Die Proben stammten überwiegend aus Gastronomie und Einzelhandel sowie aus dem Großhandel in Nordbayern. Untersucht wurden sowohl ganze Fische als auch Filets und Fischzuschnitte.
Fischerei und Fischverzehr
Der Pro-Kopf-Verzehr von Fisch und Fischereierzeugnissen stieg in den letzen Jahren kontinuierlich an (siehe Tabelle 1) und liegt heute bei etwa 16,4 kg pro Person pro Jahr. Dem entgegen steht aber eine immer dramatischer werdende Überfischung - auch in Europa: 80 Prozent der Fischbestände der EU werden so stark befischt, dass ihr Bestand nicht gesichert ist.
Diese ungute Entwicklung spiegelt sich auch in den am LGL eingesandten Proben wider: Beispielsweise forderte das LGL Schollen als Planproben an. Der Großteil der eingesandten Proben waren aber Pazifische Schollen (Lepidopsetta bilineata) und Alaska-Schollen (Glyptocephalus zachirus). Lediglich einige wenige Proben waren Vertreter der Ostsee-Scholle (Pleuronectes platessa), deren Bestände in europäischen Gewässern mittlerweile als überfischt gelten.
Die Scholle gehört zu den wirtschaftlich wichtigsten Speisefischen. Weltweit werden 100.000 bis 120.000 Tonnen pro Jahr gefangen. Es werden mittlerweile immer weitere Fangfahrten unternommen und teilweise wird auch illegal vor der afrikanischen Küste gefischt, um die Nachfrage auf dem europäischen Markt decken zu können. Mit dem Verzehr von Schollen wird der zerstörerische Einsatz von Grundschleppnetzen gefördert, die bis zu 70 % Beifang produzieren und der Meeresfauna erheblichen Schaden zufügen.
Lebensmittel | 1995 | 2000 | 2005 | 2006 | 2007* |
---|---|---|---|---|---|
Verbrauch Fleisch/Fleischerzeugnisse (Nahrung, Futter, Industrie, Verluste) | 92,0 | 90,7 | 87,2 | 86,7 | 89,6 |
Rind- und Kalbfleisch | 16,6 | 14,0 | 12,1 | 11,9 | 12,4 |
Schweinefleisch | 54,9 | 54,2 | 54,0 | 54,5 | 55,7 |
Geflügelfleisch | 13,4 | 16,0 | 17,5 | 16,7 | 18,0 |
Schaf- und Ziegenfleisch | 1,1 | 1,2 | 1,1 | 1,0 | 1,0 |
Innereien | 4,5 | 3,8 | 1,1 | 0,8 | 0,5 |
Sonstiges Fleisch | 1,5 | 1,5 | 1,4 | 1,7 | 2,0 |
Verzehr Fleisch/Fleischerzeugnisse (Rein menschlicher Verzehr) | 61,8 | 61,0 | 60,0 | 59,5 | 61,6 |
Rind- und Kalbfleisch | 11,4 | 9,6 | 8,3 | 8,2 | 8,5 |
Schweinefleisch | 39,6 | 39,1 | 39,0 | 39,3 | 40,1 |
Geflügelfleisch | 8,0 | 9,5 | 10,4 | 10,0 | 10,7 |
Schaf- und Ziegenfleisch | 0,7 | 0,8 | 0,7 | 0,7 | 0,7 |
Innereien | 1,2 | 1,0 | 0,3 | 0,2 | 0,1 |
Sonstiges Fleisch | 0,9 | 0,9 | 0,9 | 1,1 | 1,4 |
Fisch und Fischereierzeugnisse | 13,5 | 13,7 | 14,7 | 15,5 | 16,4 |
Eier (Stück) | 224 | 223 | 205 | 209 | 210 |
Butter | 7,1 | 6,6 | 6,4 | 6,5 | 6,4 |
Konsummilch | 68,9 | 63,4 | 60,9 | 62,6 | 62,7 |
Milchmischerzeugnisse | 21,9 | 26,5 | 29,8 | 29,7 | 30,8 |
Käse gesamt | 19,8 | 21,2 | 21,5 | 22,0 | 22,2 |
Wirtschaftsjahr | 94/95 | 99/00 | 04/05 | 05/06 | 06/07 |
Kartoffeln | 72,8 | 70,0 | 66,5 | 63,0 | 63,4 |
frisch | 42,3 | 39,0 | 32,8 | 31,9 | 27,4 |
veredelt (umgerechnet in Frischgewicht) | 30,5 | 31,0 | 33,7 | 31,1 | 36,0 |
Getreide (Erzeugnisse in Mehlwert) | 72,3 | 76,2 | 83,2 | 88,5 | 86,6 |
Zucker | 33,1 | 32,8 | 37,4 | 35,9 | 32,1 |
Marktverbrauch Obst (frisch/verarbeitet) | 92,2 | 109,7 | 117,8 | 124,9 | 121,5 |
Marktverbrauch Gemüse (frisch/verarbeitet) | 72,7 | 81,2 | 86,3 | 86,4 | 88,2 |
Quelle und Copyright: ZMP GmbH, Bonn, http://www.zmp.de, 17.10.2008
Methode - Isoelektrische Fokussierung und DNA-Sequenzierung
Die Fischart wird mittels IEF, der sogenannten Isoelektrischen Fokussierung, bestimmt. Bei dieser Methode handelt es sich um eine besondere Art der Gelelektrophorese, bei der die Auftrennung der Proteine in einem Gel aufgrund ihres relativen Gehalts an sauren und basischen Aminosäureresten erfolgt.
Je nach pH-Wert des umgebenden Mediums tragen die basischen und sauren Aminosäuren eines Proteins unterschiedliche Ladungen. Am sogenannten isoelektrischen Punkt (pI) eines Proteins beträgt seine Nettoladung, also die Summe aller Ladungen der einzelnen Aminosäuren, null. Bei diesem definierten pH-Wert ist die elektrophoretische Beweglichkeit ebenfalls null. An das mit pH-Gradienten hergestellte Gel wird eine Spannung angelegt.
Jedes Protein wandert im elektrischen Feld so weit, bis der umgebende pH-Wert seinem pI entspricht. Ein Protein, welches von seinem isoelektrischen Punkt wegdiffundiert, erhält durch die Veränderung des pH-Wertes wieder eine Nettoladung und wird erneut zu dem pH-Wert transportiert der seinem pI entspricht. Das elektrische Feld konzentriert also die einzelnen Proteine an ihrem spezifischen pI. Aus diesem Grund spricht man von einer Fokussierung (siehe Abbildung 1).
Erbringt diese Methode kein Ergebnis oder fehlt jegliches Referenzmaterial, bietet die PCR (Polymerase Kettenreaktion) mit anschließender Sequenzierung die Möglichkeit, die Fischprobe anhand des hoch konservierten mitochondrialen Cytochrom b-Gens einer Spezies zuzuordnen, sofern entsprechende Daten in der internationalen Fischdatenbank hinterlegt sind.
Abbildung 1: gefärbtes Gel mit Protein-Banden verschiedener Fischproben und dazu passend ausgesuchtem Referenzmaterial, isoelektrische Fokussierung, Gel mit pH-Gradient 3-10
Abbildung 2: Sequenzabgleich einer Fischprobe Seeteufel (Lophius piscatorius) anhand von Referenzsequenzen des Cytochrom b-Gens aus der Fischdatenbank
Ergebnisse
Die beschriebene Problematik vor dem Hintergrund der Überfischung vor allem sehr beliebter Arten wird inzwischen für jeden deutlich, der hin und wieder Fisch isst. Bestimmte Arten werden immer teurer, da sie schwerer zu beschaffen sind. Damit nimmt jedoch auch die Gefahr der Verbrauchertäuschung zu, weil teure Fischarten gelegentlich durch billigere Fische aus kommerzieller Zucht "ersetzt" werden. Beispielsweise erwiesen sich fünf angebliche Seezungenfilets als "Nicht-Seezungen" (unter anderem Pangasiusfilet, Tropenzungenfilet oder Filet eines barschartigen Fisches).
Eine Senegal Rotzunge (Cynoglossus senegalensis) wurde ebenfalls als nicht mit den Zungen verwandter Fisch identifiziert.
Interessant ist, dass all diese Verbrauchertäuschungen auf die Deklaration in der Speisekarte, nicht jedoch auf die Kennzeichnung auf der Originalverpackung zurückzuführen waren. Auch waren alle Proben als Planproben eingesandt worden und beruhten somit nicht auf Verbraucherbeschwerden. Weitere Beanstandungen beruhten auf Kennzeichnungsfehlern, beispielsweise wurden ein unleserliches Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) oder gleich zwei MHDs auf einer Packung bemängelt.
Nur eine Probe fiel im Untersuchungszeitraum von Januar 2006 bis Februar 2009 wegen sensorischer Mängel auf: ein Seezungenfilet roch muffig und alt und wurde als "für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet" beurteilt.
Fischart | Anzahl untersucht | ohne Beanstandung | Beanstandung mit Beanstandungsgrund |
---|---|---|---|
Scholle inklusive Pazifischer Scholle und Alaska-Scholle | 22 | 21 | einmal zwei unterschiedliche MHDs auf der Packung |
Seezunge, Atlantische Zunge | 14 | 8 | fünfmal Tropenzunge, Barschartiger Fisch oder Pangasius auf der Speisekarte als Seezunge deklariert; einmal sensorische Abweichung (muffig, alt) |
Heilbutt inklusive Schwarzer Heilbutt | 12 | 12 | |
Rotzunge (Tropenzunge) | 4 | 3 | einmal keine Rotzunge |
Flunder | 6 | 6 | |
Steinbutt inklusive Pazifischer Steinbutt | 2 | 2 | |
Seelachs inklusive Alaska Seelachs | 7 | 7 | |
Rotbarsch | 5 | 5 | |
Wolfsbarsch | 3 | 3 | |
Victoriabarsch | 2 | 1 | einmal Gefrierbrand |
Steinbeißer | 6 | 5 | einmal Gefrierbrand |
Zander | 1 | 1 | |
Dorade (Goldbrasse) | 3 | 3 | |
Seeteufel | 19 | 19 | |
Kabeljau | 25 | 24 | einmal Mindesthaltbarkeitsdatum unleserlich |
Seehecht | 3 | 3 | |
Alaska Pollack (Steinköhler) | 1 | 1 | |
Pangasius | 3 | 3 | |
Thunfisch | 1 | 1 | |
Lachs | 4 | 4 | |
Gesamt | 143 | 132 | 11 |
Prozent | 100 | 92,3 | 7,8 |