Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Erdbeeren von Februar 2006 bis Juni 2006
Hintergrund der Untersuchungen
Erdbeeren zählen zu den beliebtesten und auch mengenmäßig bedeutenden Obstarten in Deutschland. Neben einem süßen, aromatischen Geschmack zeichnet sie ein hoher Vitamin C-, Folsäure- und Eisengehalt aus. Zudem liefern vor allem vollreife Früchte sekundäre Pflanzenstoffe, wie Flavonoide und Phenolsäuren.
Erdbeeren werden nicht mehr nur zur Hauptsaison im Frühsommer angeboten. Ab Januar werden sie u. a. aus Marokko, Ägypten und Israel importiert, im März/April befinden sich vorwiegend spanische und italienische Früchte in den Obstregalen der Supermärkte. Ab Mai/Juni werden sie dann von den heimischen Erdbeeren abgelöst. Diese sind meist am schmackhaftesten, da die äußerst empfindlichen Früchte auf Grund kürzerer Anfahrtswege reifer und daher mit vollerem Aroma (sie reifen nach dem Ernten nicht nach) geerntet werden.
Erdbeeren sind besonders anfällig für Schimmel und Fäulnis und daher in der Regel häufig mit Pestiziden behandelt. Um die Belastungssituation weiter zu verfolgen und einen Vergleich heimischer Früchte mit ausländischen Produkten und der so gennanten "Winterware" anzustellen, werden gestreut über das ganze Jahr Erdbeeren untersucht. Der vorliegende Beitrag berichtet über die Ergebnisse der von Mitte Februar 2006 bis Ende Juni 2006 beprobten Erdbeeren (Stichtag für die Ergebnisse: 26.06.2006). Er schließt damit unmittelbar an den Bericht über die Ergebnisse von Oktober 2005 bis Januar 2006 an.
Zusammenfassung
Im Zeitraum Mitte Februar bis Ende Juni 2006 wurden insgesamt 82 Proben Erdbeeren aus dem Groß- und Einzelhandel sowie direkt vom Erzeuger untersucht. Die Proben stammten in saisonaler Abhängigkeit aus verschiedenen Herkunftsländern, wobei deutsche Erdbeeren ab Ende Mai in die Untersuchungen einbezogen wurden.
Die Rückstandssituation hat sich im Vergleich zur "Winterware" 2005/06 verbessert, im Vergleich zu den Jahren 2003-2005 lediglich geringfügig verändert. Nur 10 % der Proben waren rückstandsfrei, 82 % wiesen Rückstände unterhalb der zulässigen Höchstmengen auf und bei 8 % waren die Höchstmengen überschritten.
Abbildung 1: Anteil rückstandshaltiger Erdbeeren (02/2006 – 06/2006)
Ergebnisse im Detail
Einen Überblick über die Rückstandssituation gibt Tabelle 1. Mit Ausnahme von Spanien, Italien und Deutschland sind die Probenzahlen je Herkunftsland so gering, dass statistische Aussagen nicht zu verallgemeinern sind. Im Gesamtdurchschnitt wurden 4,2 Rückstände pro Probe nachgewiesen, der mittlere Rückstandsgehalt lag bei 0,36 mg/kg. Damit sind die Erdbeeren geringer belastet als die im Winter untersuchte Ware und als mittelmäßig belastet zu bewerten, insbesondere im Vergleich etwa zu den stärker belasteten Tafeltrauben, in de-nen im Durchschnitt 6,2 Rückstände pro Probe und 0,62 mg/kg Rückstandsgehalt gefunden wurden (Jahresdurchschnitt der Untersuchungsergebnisse 2005 des LGL).
Herkunftsland | Gesamtzahl | ohne R | mit R kleiner als HM | mit R größer als HM | verschiedene Stoffe | Anzahl R pro Probe 1) | Gehalt R pro Probe 1) (mg/kg) |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Ägypten | 1 | 0 | 1 | 0 | 1 | 1,0 | 0,02 |
Deutschland | 13 | 3 | 10 | 0 | 12 | 2,9 | 0,38 |
Italien | 25 | 1 | 21 | 3 | 27 | 5,2 | 0,35 |
Marokko | 3 | 0 | 2 | 1 | 9 | 4,0 | 0,27 |
Niederlande | 1 | 0 | 1 | 0 | 4 | 4,0 | 0,38 |
Portugal | 1 | 0 | 1 | 0 | 5 | 5,0 | 0,52 |
Spanien | 37 | 4 | 30 | 3 | 31 | 4,0 | 0,37 |
ungeklärt | 1 | 0 | 1 | 0 | 4 | 4,0 | 0,05 |
Gesamt | 82 | 8 | 67 | 7 | 50 | 4,2 | 0,36 |
- | - | 10% | 82% | 8% | - | - | - |
zum Vergleich: | - | - | - | - | - | - | - |
Winter 2005/06 | 35 | 6% | 60% | 34% | 55 | 4,3 | 0,47 |
2003-2005 | 414 | 8% | 85% | 7 % | - | - | - |
R = Rückstand; HM = Höchstmenge; 1) Durchschnitt
Bei sieben ausländischen Proben (8 %) wurden Höchstmengenüberschreitungen festgestellt, was einen deutlichen Rückgang im Vergleich zu den Erdbeerproben des vergangenen Winters 2005/06 darstellt. Die unzulässig hohen Gehalte betrafen Fungizide (gegen Pilze), Insektizide (gegen Insekten) und Akarizide (gegen Milben) und wurden bei jeweils drei Proben aus Spanien und Italien und bei einer Probe aus Marokko nachgewiesen (siehe Tabelle 2).
Die meisten Höchstmengenüberschreitungen (von Carbendazim, Nuarimol, Fenazaquin, Tau-Fluvalinat, Acrinathrin und Lufenuron) bezogen sich auf "allgemeine" Höchstmengen im Bereich der Bestimmungsgrenze, da bei den entsprechenden Stoffen eine spezielle Regelung für Erdbeeren nicht vorliegt. Bei einer spanischen Probe lagen zwei Rückstände über den zulässigen Höchstmengen, wobei für beide Stoffe, Fenarimol und Kresoxim-methyl explizit für Erdbeeren festgelegte Grenzwerte existieren.
Knapp 80 % der deutschen Erdbeer-Proben enthielten Rückstände, allerdings in keinem Fall über den festgesetzten Grenzwerten. Der durchschnittliche Gesamtrückstandsgehalt der einheimischen Proben liegt mit 0,38 mg/kg in etwa im Mittel aller untersuchten Proben (Gesamtgehalt 0,36 mg/kg). Jedoch wurde dieser Wert durch eine Probe mit einem Gesamtrückstandsgehalt von 4,1 mg/kg erheblich angehoben. Bleibt dieser Extremfall unberücksichtigt, ergibt sich ein deutlich unterdurchschnittlicher Gesamtrückstandgehalt von 0,076 mg/kg für die restlichen Proben aus Deutschland.
Bei den inländischen Proben liegt auch die Anzahl an Rückständen pro Probe mit einem Wert von 2,9 unter dem Durchschnitt (alle untersuchten Proben: 4,2) und der Anteil der rückstandsfreien Proben ist am höchsten.
Eine deutsche Probe aus ökologischen Landbau erwies sich als rückstandsfrei.
Herkunftsland | Anzahl HMÜ | Stoff | Rückstands-Gehalt (mg/kg) | zulässige Höchstmenge (mg/kg) | ARfD-Ausschöpfung |
---|---|---|---|---|---|
Marokko | 1 | Carbendazim (F) | 0,62 | 0,1 | 48 |
Spanien | 1 | Nuarimol (F) | 0,013 | 0,01 | 0 |
Spanien | 2 | Fenarimol (F) | 0,88 | 0,3 | 69 |
Kresoxim-methyl (F) | 1,40 | 1,0 | n. nw. | ||
Italien | 1 | Fenazaquin (A) | 0,043 | 0,01 | 0 |
Italien | 1 | Lufenuron (I) | 0,059 | 0,01 | n. f. |
Spanien | 1 | Acrinathrin (A, I) | 0,021 | 0,01 | n. f. |
Italien | 1 | Tau-Fluvalinat (A, I) | 0,016 | 0,01 | 5 |
HMÜ = Höchstmengenüberschreitung, A = Akarizid, F = Fungizid, I = Insektizid
ARfD = Akute Referenz Dosis; n. nw. = nicht notwendig; n.f. = nicht festgelegt
Bei allen Höchstmengenüberschreitungen wird eine toxikologische Risikoabschätzung durchgeführt. Dazu wird am Beispiel eines Kindes von 2 bis unter 5 Jahren überprüft, in welchem Maß bei einem einmaligen Verzehr die Akute Referenz Dosis (ARfD) ausgeschöpft ist. Bei Überschreitung des ARfD-Wertes sind gesundheitliche Risiken nicht mit der gebotenen Sicherheit auszuschließen. In solchen Fällen erfolgt über das Europäische Schnellwarnsystem (RASFF) eine entsprechende Mitteilung an die Mitgliedstaaten. Das war allerdings bei den vorliegenden Proben in keinem Fall erforderlich.
Insgesamt wurden 50 verschiedene Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe nachgewiesen. Die häufigsten Stoffe (dreimal und häufiger nachgewiesen) sind in der Abbildung 2 aufgelistet. Unter den 10 häufigsten Stoffen finden sich 9 Fungizide, was die überragende Bedeutung von Risiken auf Pilzerkrankungen in Erdbeerkulturen widerspiegelt.
Abbildung 2: Häufig nachgewiesene Stoffe in Erdbeeren (02/2006 – 06/2006)
Meist wurden in einer Probe mehrere Stoffe gleichzeitig gefunden. Das Maximum lag bei zwölf Stoffen in einer Probe aus Italien. Diese Probe war trotz der Vielzahl an Rückständen und einem Gesamtgehalt an Rückständen von 0,65 mg/kg nicht zu beanstanden, weil keine der einzelnen Höchstmenge auch nur annähernd erreicht wurde.
Das Problem der Mehrfachrückstände wird teilweise sehr emotional und kontrovers betrachtet, insbesondere wegen noch lückenhafter Kenntnisse über mögliche additive Wirkungen der unterschiedlichen Stoffe im menschlichen Organismus. Auch im Hinblick auf "gute Agrarpraxis" sind extreme Mehrfachbefunde sehr diskussionsbedürftig.
Abbildung 3: Mehrfachrückstände in Erdbeeren (02/2006 – 06/2006)
Fazit
Die im Frühjahr untersuchten Erdbeeren waren im Vergleich zu den "Wintererdbeeren" geringer mit Pflanzenschutzmittel-Rückständen belastet. Der Anteil an Höchstmengenüberschreitungen war deutlich niedriger und entsprach in etwa dem der Vorjahre. Die verletzten Höchstmengen waren vorwiegend allgemeine Höchstmengen, bei einer Probe handelte es sich um explizit für Erdbeeren festgelegte Höchstmengen. Die Akute Referenz Dosis (ARfD) war jedoch in keinem Fall überschritten. Demzufolge waren keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die einzelnen nachgewiesenen Rückstände nach der derzeitigen Datenlage zu erwarten.
Die deutschen Proben wiesen keine Höchstmengenüberschreitungen auf, es wurde aber auch hier in knapp 80 % der Proben Pestizidrückstände nachgewiesen. Die durchschnittlichen Pestizid-Rückstandsgehalte und die Anzahl der Rückstände pro Probe waren im Vergleich zu den ausländischen Erdbeerproben im Normalfall geringer.