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Cold Brew – Innovation oder doch nur „kalter Kaffee“?
Untersuchungsergebnisse 2018
Hintergrund
Kühle Erfrischung nicht nur für heiße Sommertage: Cold Brew, die immer beliebter werdende kalte Kaffeespezialität aus Amerika wird zunehmend nicht nur in Szene-Cafés und im Internet angeboten, sondern füllt auch in Supermärkten vermehrt die Regale. So wird Kaffee als Kaltaufguss - "Cold Brew" bzw. "Cold Drip", in Form alkoholfreier Cocktails, erfrischenden Coffee Shots - mit und ohne Superfoodzutaten (z.B. Gojibeere, Matchapulver, Chiasamen, Macawurzel etc. ) - oder einfach pur als kalter Kaffee in Verkehr gebracht. Hersteller und Vermarkter wecken mit Slogans wie „Die gesündere Alternative zum wach und fit bleiben“ oder „gekühlter Frischekick zum Wachbleiben“ das Kaufinteresse der Verbraucher. Aufgrund des geringeren Gehalts an Säuren und Bitterstoffen sollen die Kaffeekaltaufgüsse besonders magenfreundlich, besser verträglich und somit bekömmlicher/gesünder sein. Auch das Geschmackserlebnis soll infolge der im Vordergrund stehenden fruchtigen und schokoladenartigen Geschmacksnoten unvergleichbar sein.
Das LGL hat anhand einer Gegenüberstellung entsprechender Inhaltstoffe in kalten („Cold Brew“ und „Cold Drip“) und heißen Kaffeeaufgussmethoden (French Press/Handaufguss) überprüft, ob dem tatsächlich so ist. Die werbenden Aussagen in Internet und Presse wurden ergänzend unter Berücksichtigung der rechtlichen Vorgaben bezüglich ihres Wahrheitsgehaltes und ihrer Zulassung begutachtet.
Bei den Untersuchungen wurde der Schwerpunkt auf Unterschiede im Coffein- und Chlorogensäuregehalt sowie der sensorischen Analyse gelegt. Durch HPLC-DAD wurden die Coffein- und Cholorgensäurekonzentration ermittelt.
Aufgussverfahren
Cold Drip-Verfahren:
© LGL
Abb. 1 Kaffeemaschine für Cool Coffee
Aufwändiges Verfahren mittels einer Apparatur (vgl. Abb. 1), durch welche Wasser oder Eis langsam auf das Kaffeepulver getropft wird. Da die Tropfgeschwindigkeit auf circa einen Tropfen pro Sekunde eingestellt wird, dauert die Zubereitung mehrere Stunden, allerdings sollen durch das langsame Tropfen die Aromen und Öle des Kaffees besser extrahiert werden. Die durchschnittliche Menge an Kaffeepulver pro Tasse beträgt 15 g.
Perfektioniert wurde diese Aufgussart in Japan, wo sie Erzählungen zufolge durch die Niederländer im 17. Jahrhundert erfunden worden sei. Da man auch auf langen Reisen nicht auf Kaffee verzichten wollte, entwickelte man dieses Verfahren der Zubereitung. Aufgrund dieser Geschichten wird der „Cold Drip“ auch „Dutch Coffee“ genannt.
Cold Brew-Verfahren:
Hierbei handelt es sich um das einfachste Verfahren, Kaffee kalt zuzubereiten. In einem Glas wird das Kaffeepulver direkt mit zimmertemperiertem Wasser gemischt, kräftig durchrührt und für 8 bis 24 Stunden bei Raumtemperatur inkubiert. Wenn diese Zeit verstrichen ist, wird der Kaffee durch ein Tuch, ein Sieb oder einen Kaffeefilter filtriert und kann verdünnt oder pur getrunken werden. Auch die Verwendung einer Pressstempelkanne ist bei diesem Verfahren gängig. Die durchschnittliche Menge an Kaffeepulver pro Tasse beträgt 15 g.
Untersuchungsergebnisse
Koffein
Bei allen Proben wurde mit dem „Cold Drip“- Verfahren der jeweils höchste Koffeingehalt erreicht (Abb. 2). Im Vergleich zum heißen Handaufguss betrug die Erhöhung bis zu 39 %. In „Cold Brew“ war die Coffeinkonzentration gegenüber dem Heißaufguss in der French Press mit 3 Minuten Inkubationszeit mindestens gleich bis signifikant höher (bis zu 9 %).
Abb 2: Vergleich der Koffein-Konzentration in Kaffeeaufgüssen fünf verschiedener Kaffeesorten. Aus Gründen der Vergleichbarkeit wurde für die Herstellung aller Kaffeeaufgüsse, die für Heißaufgüsse übliche Menge von 8 g Kaffeepulver in 150 ml Wasser verwendet. [*= signifikant (p=0,05), ** = sehr signifikant (p 0,01), *** hoch signifikant (p= 0,001)]
Säure
Anders als erwartet war die Konzentration an Chlorogensäuren in den Kaltaufgüssen im Vergleich zu den heiß zubereiteten Kaffeeaufgüssen gleich bis signifikant höher (s. Abb.3). Die werbende Aussage, dass im Kaltaufguss nur 15 % der Säuren enthalten sind, konnte hier aufgrund der Ergebnisse der Bestimmungen der pH-Werte, Säuregrade und der Gehalte an Chlorogensäuren nicht bestätigt werden.
Abb. 3: Vergleich der Konzentration der Chlorogensäuren in Kaffeeaufgüssen fünf verschiedener Kaffeesorten. Aus Gründen der Vergleichbarkeit wurde für die Herstellung aller Kaffeeaufgüsse, die für Heißaufgüsse übliche Menge von 8 g Kaffeepulver in 150 ml Wasser verwendet. [*= signifikant (p=0,05), ** = sehr signifikant (p 0,01), *** hoch signifikant (p= 0,001)]
Sensorik
Bei der sensorischen Beurteilung zeigte sich, dass die bittere Geschmacksnote tatsächlich im Kaltaufguss weniger wahrgenommen wurde als bei stark ausgeprägter Intensität im Heißaufguss. In der Intensität des sauren Geschmacks war hingegen kein wesentlicher Unterschied erkennbar. Von den drei Aromanoten fruchtig, beerenartig und schokoladenartig waren nur die beiden letztgenannten Noten deutlich stärker wahrnehmbar, wenn diese im Heißaufguss als schwach eingestuft wurden.
Werbeversprechen
Bei einer Vielzahl der Werbeversprechen für „Cold Brew“ und „Cold Drip“ wie die „gesündere Alternative zum wach und fit bleiben“, „besonders magenfreundlich“, „besser verträglich“ und somit „bekömmlicher, säurearm und für Kaffeeliebhaber mit einem empfindlichen Magen“, handelt es sich um nicht zugelassene gesundheitsbezogene Angaben i.S. der Health-Claim-Verordnung VO (EG) Nr. 1924/2006 bzw. aufgrund der Analysenergebnisse um falsche/irreführende Aussagen, z.B. weniger Säure als „üblicher“ Kaffee (Art. 7 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1169/2011).
Fazit
Kalt zubereitete Kaffeegetränke unterscheiden sich demnach tatsächlich im Geschmack vom traditionellen Heißgetränk, ihr Säuregehalt ist allerdings nicht geringer. Eine bessere Verträglichkeit aufgrund einer geringeren Säuremenge konnte nicht bestätigt werden. Die zahlreichen gesundheitsbezogenen Werbeversprechen sind somit falsch/irreführend und zudem nicht zugelassen. Die Aussagen wurden beanstandet. Inwieweit kaltaufgebrühter Kaffee mit und ohne Superfoodzutaten dennoch ein Zukunftsgetränk wird, bleibt offen. Zu beobachten ist, dass immer wieder neue Kreationen von Cold Brew im Internet, in Zeitschriften, Wochenblättern etc. mit vielversprechenden Aussagen angeboten werden und zum Kauf animieren. Das LGL wird auch in Zukunft diese Produkte im Auge behalten und überprüfen, ob Inhalt und Werbung auch halten, was sie versprechen.