Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Gemüsepaprika von Januar bis Februar 2011
Hintergrund der Untersuchung
Gemüsepaprika (Capsicum annuum L. var. grossum) zählt wie Kartoffeln und Tomaten zu den Nachtschattengewächsen (Solanaceen). Aus botanischer Sicht handelt es sich bei der Frucht um eine Beere, die jedoch meist als Schote bezeichnet wird.
Paprika ist das ganze Jahr über im Angebot, wobei sich die Hochsaison vom Sommer bis in den Spätherbst erstreckt. Da der deutsche Paprikaanbau nur zu einem geringen Anteil die Nachfrage decken kann, wird der Großteil an Paprika importiert. Die wichtigsten Herkunftsländer sind Spanien, die Niederlande, die Türkei, Ungarn, Israel und Griechenland.
Der Pro-Kopf-Verbrauch an Paprika in Deutschland beträgt 2,9 kg pro Jahr.
Je nach Reifegrad und Sorte enthält Paprika physiologisch wichtige Inhaltsstoffe wie beispielsweise Carotinoide, die auch für die Farbe der Paprikafrucht verantwortlich sind. Hauptcarotinoid in roten und gelben Paprika ist Capsanthin. Die Farbe der grünen Paprikaschoten (unreife Frucht) ist durch das Vorkommen des Pflanzenfarbstoffs Chlorophyll bedingt. Reife, rote Paprika beinhalten den höchsten Vitamin C-Gehalt (bis zu 400 mg pro 100 g Fruchtfleisch), sogar mehr als Orangen oder Zitronen.
Daneben findet man auch die Vitamine B1, B2, A und E sowie eine Vielzahl verschiedener Mineralstoffe (u. a. Kalium, Calcium, Magnesium). Die Schärfe bestimmter Sorten wird durch das Alkaloid Capsaicin verursacht.
Die Kultivierung der Paprikapflanze bis zum Zeitpunkt der Ernte bedingt den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, da die Pflanze einer Vielzahl von Krankheiten und Schädlingen ausgesetzt ist. Hierzu zählen beispielsweise Pilzerkrankungen wie die Verticillum-Welke-Krankheit, echter und falscher Mehltau sowie eine Reihe tierischer Schädlinge (z. B. Blattlaus, Weiße Fliege, Thrips, Frostspanner u. a.).
Vor einigen Jahren war Gemüsepaprika häufig wegen unzulässig hoher Gehalte an Pflanzenschutzmitteln zu beanstanden. Insbesondere spanische und türkische Paprika waren auffällig, spanische Paprika zuletzt im Jahr 2007 aufgrund von Rückständen des Insektizids Isofenphosmethyl, das in der Europäischen Union nicht verwendet werden darf. Um die Jahreswende 2010/2011 wurde der unzulässige Einsatz des Wachstumsregulators Ethephon bei spanischem Paprika bekannt. Obwohl die Anwendung nicht statthaft ist, wurde dieser Wachstumsregulator wahrscheinlich eingesetzt, um die Reifung der Früchte zu steuern. Es wurde in diesem Zusammenhang von Gehalten berichtet, bei denen ein gesundheitliches Risiko für den Verbraucher nicht mehr auszuschließen war.
Um diese Belastungssituation zu prüfen, untersuchte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) von Januar bis Mitte Februar 2011 verstärkt Gemüsepaprika. Dieser Beitrag berichtet über die dabei erzielten Ergebnisse. Dabei wurden alle Proben mit der Multimethode auf weit über 500 verschiedene Wirkstoffe untersucht und ergänzend dazu mit einer Einzelmethode explizit auch auf Rückstände von Ethephon.
Zusammenfassung
Im Berichtszeitraum wurden insgesamt 27 Proben Gemüsepaprika aus konventioneller Herstellung aus dem Groß- und Einzelhandel untersucht. Die Proben stammten aus verschiedenen Herkunftsländern. Gemüsepaprikas aus Spanien machten den prozentual größten Anteil (70 %) aus, gefolgt von den türkischen Proben (19 %). Drei weitere Proben stammten aus dem ökologischen Anbau und waren rückstandsfrei.
Die Rückstandssituation der konventionellen Erzeugnisse hat sich Anfang 2011 im Vergleich zum Jahr 2010 hinsichtlich der Höchstmengenüberschreitungen verschlechtert. Keine der untersuchten Proben war rückstandsfrei. Bei 11 % waren die Höchstmengen überschritten (Abbildung 1). 89 % wiesen Rückstände unterhalb der zulässigen Höchstmengen auf.
Abbildung 1: Anteil rückstandshaltiger Gemüsepaprika aus konventioneller Erzeugung (01-02/2011)
Ergebnisse im Detail
Einen Überblick über die Rückstandssituation von Gemüsepaprika gibt Tabelle 1. Mit Ausnahme von Spanien sind die Probenzahlen je Herkunftsland jedoch so gering, dass die Trendaussagen nicht für andere Herkunftsländer zu verallgemeinern sind. Insgesamt wurden 38 verschiedene Pflanzenschutzmittel 142-mal nachgewiesen. Pro Probe wurden im Gesamtdurchschnitt 5,3 Rückstände (2010: 3,3) festgestellt, der mittlere Rückstandsgehalt lag bei 0,24 mg/kg (2010: 0,10 mg/kg). Der höchste Einzelrückstand betrug 0,67 mg/kg, gefunden für den Wachstumsregulator Ethephon. In 48 Fällen (34 %) lagen die Gehalte der einzelnen Rückstände unter 0,01 mg/kg. Damit sind die untersuchten Gemüsepaprikas weiterhin als mäßig bis stark belastet zu bewerten.
Gemüsepaprika aus Spanien wies Anfang 2011 eine zum Jahr 2010 vergleichsweise hohe Belastung mit Pflanzenschutzmitteln auf. Die Anzahl der Rückstände pro Probe lag mit 5,2 deutlich über dem Durchschnitt von 3,3 im Jahr 2010. Ebenso verhält es sich auch beim Gesamtrückstandsgehalt von 0,25 mg/kg (Durchschnitt im Jahr 2010: 0,10 mg/kg).
Herkunftsland | Gesamt-zahl | ohne R | mit R kleiner als HM | mit R größer als HM | ver-schiedene Stoffe | Anzahl R pro Probe 1) | Gehalt R pro Probe 1) (mg/kg) |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Marokko | 1 | 0 | 1 | 0 | 2 | 2,0 | 0,05 |
Niederlande | 1 | 0 | 1 | 0 | 1 | 1,0 | 0,01 |
Spanien | 19 | 0 | 17 | 2 | 22 | 5,2 | 0,25 |
Türkei | 5 | 0 | 4 | 1 | 18 | 6,8 | 0,28 |
Ungeklärt | 1 | 0 | 1 | 0 | 6 | 6,0 | 0,29 |
Gesamt | 27 | 0 | 24 | 3 | 38 | 5,3 | 0,24 |
0 % | 89 % | 11 % | |||||
zum Vergleich: 2010 | 72 | 12 | 55 | 5 | 62 | 3,3 | 0,10 |
17 % | 76 % | 7 % | |||||
R = Rückstand; HM = Höchstmenge; 1) Durchschnitt |
Der Anteil an Proben mit Höchstmengenüberschreitung war mit 11 % (drei Proben) höher als 2010. Das LGL prüft, ob sich dieser Trend im Jahr 2011 fortsetzt.
Die unzulässig hohen Gehalte betrafen einmal das Fungizid Procymidon in türkischer Ware und zweimal den Wachstumsregulator Ethephon in spanischen Paprikas (Tabelle 2). Obwohl alle Proben auf Ethephon untersucht wurden, wurden nur in diesen beiden Proben Rückstände des Wachstumsregulators gefunden. Bei allen Höchstmengenüberschreitungen führt das LGL eine toxikologische Risikoabschätzung durch. Dazu wird in einer Modellrechnung am Beispiel eines Kindes von zwei bis unter fünf Jahren überprüft, in welchem Ausmaß bei einem einmaligen Verzehr die akute Referenzdosis (ARfD) ausgeschöpft ist. Bei einer Überschreitung des ARfD-Wertes können gesundheitliche Risiken nicht mehr mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. In solchen Fällen erfolgt über das europäische Schnellwarnsystem (RASFF) eine Mitteilung an die Mitgliedstaaten. Bei den hier vorgestellten Ergebnissen war dies jedoch bei keiner der Proben notwendig.
Herkunftsland | Anzahl R > HM | Wirkstoff | Gehalt in mg/kg | HM in mg/kg | ARfD-Ausschöpfung (%) | ||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Spanien | 1 | Ethephon (WR) | 0,67 | 0,05 | 84 | ||
Spanien | 1 | Ethephon (WR) | 0,20 | 0,05 | 25 | ||
Türkei | 1 | Procymidon (F) | 0,069 | 0,02 | 36 | ||
R = Rückstand, HM = Höchstmenge, F = Fungizid, WR = Wachstumsregulator, ARfD = Akute Referenz Dosis |
Von den insgesamt 38 verschiedenen, nachgewiesenen Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen sind die häufigsten Stoffe (mindestens viermal) in Abbildung 2 dargestellt. In 70 % der Proben wurde das Fungizid Fludioxonil nachgewiesen. Bis auf das Insektizid Imidacloprid sind die am häufigsten vorkommenden Wirkstoffe Fungizide.
Abbildung 2: Häufig nachgewiesene Stoffe in Gemüsepaprika (01-02/2011)
In über 90 % der Proben wurden zwei und mehr Wirkstoffe gleichzeitig gefunden. Acht Proben (30 %) enthielten zwei bis fünf Rückstande und 15 Proben (56 %) sechs bis neun Rückstände. Mit zehn und mehr Rückständen war keine Probe behaftet (Abbildung 3).
Abbildung 3: Mehrfachrückstände in konventionell erzeugtem Gemüsepaprika (01-02/2011)
Fazit
Trotz der mit den Meldungen zu Ethephon zeitnah stattgefundenen Untersuchung von 19 Proben aus Spanien wies das LGL nur in zweien den Wachstumsregulator Ethephon nach. Zwar lagen Höchstmengenüberschreitungen vor, ein gesundheitliches Risiko konnte aber ausgeschlossen werden. Darüber hinaus war nur eine weitere Probe aus der Türkei auffällig.
Auch wenn die Belastung von Gemüsepaprika mit Pflanzenschutzmitteln nicht mehr so hoch ist wie vor einigen Jahren, zeigt sich zum derzeitigen Stand eine unerfreuliche Tendenz, sodass das LGL auch weiterhin Gemüsepaprika beobachten wird.